Harem 4 - ein außergewöhnliches Vokal-Quartett

Eine alte Konzertkritik für eine nachgeholte CD-Besprechung aufgewärmt

von Frank Becker
Instrumente? Hat keiner vermißt!

Vier Frauenstimmen eröffnen dem Zuhörer das ganze Universum der Musik. Vier lupenreine Solistinnen bilden ein Ensemble, einen homogenen Klangkörper, der zwar Vorbildern gerecht wird, doch sel­ber Maßstäbe setzt. Céline Rudolph (auf der CD Francesca Simone) und Anne Hartkamp (Sopran), Anna LindbIom (Alt - auf der CD Alexandra Naumann) und Nadia Ollig (Kontraalt) singen Songs von Prince, Lennon/McCartney und aus eigener Feder, Traditio­nals, Jazz-Standards und freie Improvisationen, als würden sie Bilder malen. Die akademisch-klassisch ausgebildeten Damen aus Köln touren als "Harem 4" mit großem Erfolg seit fünf Jahren zusammen, haben einen gemeinsamen Sound gefunden und den rich­tigen Draht zueinander.

Geradezu stimmakrobatische Soli, vor allem von Hartkamp und Rudolph werden von farbigen Klangteppichen, Doo-Wop-Gruppen und karikierten Engels-Chören perfekt unterlegt und getragen, die enormen Möglichkeiten, menschliche Stimmbänder zu instru­mentieren, werden ausgeschöpft und verblüffen hinter jeder "Ecke", um die man als Zuhörer biegt. Mit Harmonien, wie sie in den Siebziger Jahren von den Singers Unlimited bei MPS in schwarzes Vinyl gepreßt wurden, überrascht Anne Hartkamp in "Peace on earth", mal lassen die Swingle Singers grüßen, dann feiert Eartha Kitt in "I wanna be evil" mit Anna LindbIom fröh­liche Urständ', mit viel Humor, sehr perkussiv und erfindungs­
reich - hallo Free Jazz!

In einer für die vier Stimmen umgeschriebenen Polska aus Schwe­
den um 1900 - alle Arrangements haben die Damen übrigens selbst besorgt - sieht man die Tänzer sich drehen. Oft schließt man lauschend die Augen, mit dem erfeulichen Nebeneffekt, die z.T. grauenhafte Garderobe der Künstlerinnen nicht sehen zu müssen. Es war ein rarer Abend, inspiriert, pfiffig, virtuos, doch er prallte fast ohne Resonanz auf ein bleiernes emotionsloses Pub­likum, bei dem auch die explizite Erotik von "Kiss" (Prince) einfach verpuffte - ein Jammer!
  (8. Februar 2001)

In etwas anderer Besetzung wurde im November 1997 die CD "Harem 4" in Köln live aufgezeichnet. Das Quartett gibt es nicht mehr, wohl aber noch die CD - über Anne Hartkamps Agentur oder Heimseite. Aktuelle Projekte setzt Anne Hartkamp derzeit mit dem Gitarristen Philipp van Endert um. (6. Juli 2008)
Beispielbild
Cover-Aquarell: Nadia Ollig

Harem 4
Harem 4

Francesca Simone  -  Sopran
Alexandra Naumann  -  Alt
Nadia Ollig  -  Kontraalt
Anne Hartkamp  -  Sopran


© 1998 Harem 4


Titel:
1. Sweet Inspiration
2. Moanin´
3. KVB
4. Fever
5. Peace On Earth
6. Ornithologie
7. High Wire
8. The Rose
9. Imagination
10. Kiss
11. All My Dreams
12. Motherless Child
13. Everything´s Gonna Be Allright
14. Here, There And Everywhere
15. Wade In The Water
16. God Bless The Child

Gesamtzeit:  47:53

Weitere Informationen unter:
www.annehartkamp.de/