Das Neusser Shakespeare-Festival ist erwachsen geworden

Heute beginnen die international hochkarätig besetzten Shakespare-Wochen

von Andreas Rehnolt
Das Neusser Shakespeare-Festival
ist erwachsen geworden


Zum 18. Mal startet heute im Nachbau des legendären
Globe-Theaters
das Festival um den unsterblichen englischen Dramatiker



Neuss - Das weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte und beliebte Shakespeare-Festival im rheinischen Neuss ist mit seiner heute startenden 18. Ausgabe nun auch erwachsen geworden. Bis zum 23. August dreht sich im Nachbau des legendären
Londoner Globe-Theaters  am Rande der Neusser Rennbahn wieder alles um den weltweit größten Dramatiker und seine Werke. Diesmal sind es elf Compagnien aus sechs Ländern, nämlich aus Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien, Japan und Österreich, die William Shakespeare und dessen Fans in 30 Vorstellungen huldigen werden, wie Festival-Leiter Rainer Wiertz kurz vor dem Start erklärte. Der Kulturreferent der Stadt Neuss weiß noch zu gut, wie das Festival 1991 mit nur vier Vorstellungen der Bremer Shakespeare-Company begonnen hat.

Schon ein Jahr später, so Wiertz, hatte das "Festival-Baby laufen gelernt." Damals waren es schon

© 2008 Stadt Neuss, Kulturamt
zwölf, seit einigen Jahren konstant 30 Aufführungen. "Mehr sollten es auch nicht sein", so der theaterbegeisterte Kultur-Fachmann, der sich in diesem Jahr besonders darüber freut, daß erstmals das Ensemble des berühmten Londoner Globe-Theaters linksrheinisch auf die kleine Theaterbühne kommt. Im Neusser Globe, visavis dem Hafenbecken und in Sichtweite des Rheinischen Landestheaters sitzt niemand im Publikum weiter als 15 Meter von der Bühne entfernt. "Auf diese Weise entsteht zwischen Schauspielern und Publikum sofort ein Gefühl der Gemeinschaft. Der alte Shakespeare wäre vermutlich glücklich, wenn er eine der Inszenierungen in dem zweistöckigen Theater miterleben könnte", so Andrea Choi.

Die 26-Jährige aus dem benachbarten Düsseldorf plant seit zehn Jahren Ferien und Urlaub so, daß sie das Festival unter den hohen Pappeln nicht versäumt. Vor zwei Jahren war eine Theatertruppe aus dem südkoreanischen Seoul mit einer koboldhaften Variante des legendären "Sommernachtstraum" an den Rhein gekommen. Diesmal hat die Shakespeare-Company des Ryutopia Noh-Theaters aus dem japanischen Niigata die weiteste Anreise. Die Truppe bringt - deutsch untertitelt und von japanischer Ästhetik geprägt - "The Winter's Tale" in das achteckige Theater. Der künstlerische Leiter des Festivals ist daneben gespannt auf die Globe-Touring Company aus London, die mit einer frischen "Romeo and Juliet" im Gepäck anreist.

Seit Jahren freuen sich die Festival-Veranstalter und die aus dem In- und Ausland anreisenden Gruppen über eine hervorragende Auslastung der Aufführungen, die im vergangenen Jahr bei stolzen 91 Prozent gelegen hatte. Längst ist die Veranstaltung, die anfangs die Theaterferien der großen Bühnen zur Eigenpräsentation nutzte, ein Selbstläufer geworden. Inzwischen reisen die Freunde des englischen Top-Dramatikers selbst von der Spree und Isar aus an den Rhein, um ausgefallene, witzige oder tragische Inszenierungen zu erleben, die - auch ob der kleinen Bühne - gänzlich ohne aufwendiges Bühnenbild daher kommen und von daher noch intensiver gespielt werden müssen.

Seit zwei Jahren übrigens ist das Neußer Shakespeare-Festival in einem Netzwerk mit anderen europäischen Theatertreffen um William Shakespeare verbunden. Im August 2006 wurde in Danzig der Pakt geschmiedet und das "European Shakespeare-Festivals Network" gegründet, freut sich Wiertz. Er, wie auch die übrigen Shakespeare-Festival-Orte etwa im ungarischen Gyula, im polnischen Gdansk, im rumänischen Craiova oder im britischen Bath hoffen künftig auch auf Finanz-Zuschüsse der Europäischen Union, die die Theatermacher auch noch unabhängiger von den jeweils kommunalen Etats machen würden.

In diesem Jahr stehen erneut menschlich, allzu-menschliche Leidenschaften, Intrigen und das ganze

© 2008 Stadt Neuss, Kulturamt
Spektrum positiver und negativer Emotionen den Shakespeare-Freunden bevor. Unter den Stücken des renommierten Theatertreffens sind allein sechs Deutschlandpremieren. Den Auftakt macht heute die weithin berühmte "Bremer Shakespeare-Company" mit der Komödie "Ende gut, alles gut". Außerdem auf dem Programm "Der Kaufmann von Venedig" als italienischer Wirtschafts-Krimi inszeniert, "Hamlet" vom Potsdamer Poetenpack, das Rheinische Landestheater steuert "Verbrechen aus Leidenschaft" bei, und aus Wien kommt das auf Alte Musik spezialisierte Ensemble Echo du Danube mit "Wonders of the World".

Aus Frankreich reisen Lard'Enfer und die Compagnie Los Figaros aus Avignon an den Rhein und präsentieren "Die (fast geglückte) Zähmung der Widerspenstigen". Ebenfalls aus Frankreich kommt die Compagnie Irina Brook aus Vevers, die eine Adaption des Sommernachtstraums auf die Bühne des Globe bringt. Aus New York kommt die Aquila Theatre Company mit "Julius Caesar". Ebenfalls aus London die Produktion "Filters Twelfth Night" von der Filter Company, mit der das Festival am 23. August zu Ende geht. Und natürlich doziert Patrick Spottiswoode über "Shakespeare and the Globe" zum Leben des Dichters, die Spielweise des elisabethanischen Theaters und das Globe als Meilenstein europäischer Theaterarchitektur.

Bislang hob sich im Neusser Globe fast 400 mal der Vorhang für Shakespeare. In diesem Jahr wird zudem der 150.000. Besucher seit Bestehen des Festivals erwartet.
Karten für einzelne Vorstellungen sind noch zu haben. Entweder unter der Rufnummer 0180-5001812 oder im Internet unter www.shakespearefestival.de.

Redaktion: Frank Becker