Nachruf auf Bruno Tetzner

von Max Fuchs

Bruno Tetzner - Foto: LMR NRW
Nachruf auf Bruno Tetzner (1922 – 2008)

Bruno Tetzner ist tot. Er ist am 25. Juli 2008 im Alter von 86 Jahren einer letztlich nicht aufzuhaltenden bösartigen Erkrankung erlegen.

Mit Bruno Tetzner hat uns ein ideenreicher Politiker und Manager, ein Visionär und Pragmatiker, ein konzeptionell denkender und trotzdem stets auf Realisierbarkeit konzentrierter Aktivist verlassen. Sein Engagement hielt sich dabei nie an Ressortgrenzen. Vielmehr ist die Überschreitung von Grenzen sein wesentliches Merkmal. Bruno Tetzner ist in Remscheid geboren und blieb zeit seines Lebens seiner Geburtsstadt treu. Er wurde ausgebildet als Exportkaufmann, war in der evangelischen Jugendarbeit aktiv, erlebte einen Kriegseinsatz und überlebte diesen und die anschließende Gefangenschaft. Nach dem Krieg wurde er Beamter bei der Stadt Remscheid und stieg zum stellvertretenden Leiter des Kulturamtes auf. Seit seiner Kindheit war Musik sein Schwerpunkt. Der Krieg verhinderte ein künstlerisches Studium. Allerdings ließ er sich zum Kirchenmusiker ausbilden.
Jeder, der Bruno Tetzner kennt, wußte um den Montagstermin: Bis ins hohe Alter leitete er in seiner Remscheider Kirchengemeinde seinen Chor. Vor einigen Jahren feierte er sein 65. Jubiläum als aktiver Kirchenmusiker. Sein Interesse an Kunst und Kultur wurde durch ein starkes fachpolitisches Interesse begleitet. Schon früh wußte er, daß eine breite Teilhabe vieler Menschen an Musik und anderen künstlerischen Aktivitäten Strukturen braucht. Ein weiterer roter Faden in seinem Leben ist daher der Auf- und Ausbau tragfähiger Strukturen. Dies betrifft zum einen Fachorganisationen, so wie die Landesarbeitsgemeinschaft Musik, deren Leitung er als Dreißigjähriger übernahm und die er bis zum Jahr 2000 behielt. Er war Mitglied und Motor der ersten bundesweiten Sammelbewegung zur „musischen Bildung“, die etwa die „Festlichen Tage“ als frühe Großereignisse organisierten. Aus diesem Kreis entstand die (später so genannte) Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, die bundesweite Dachorganisation für kulturelle Bildung. Dieser Kreis von Personen, die z. T. bereits in der musischen Bewegung in der Weimarer Zeit aktiv waren, entwickelte auch die ersten Denkschriften zur Gründung Musischer Bildungsstätten. Sechs sollten es werden. Daß es immerhin eine wurde, die zudem ihren Sitz in Remscheid nahm, die heutige Akademie Remscheid, war Bruno Tetzners Verdienst. In diesem Jahr feiert sie ihren 50. Geburtstag. Gute Ideen und Visionen waren also das eine, die Schaffung dauerhafter Strukturen und deren fachliche, politische und finanzielle Absicherung war das andere.
Bruno Tetzner hatte seinen Schwerpunkt in der Musik. Viele Zusammenschlüsse und Konzepte gehen auf sein Wirken zurück: Er war beteiligt (u.a.) an der Gründung des Verbandes Deutscher Musikschulen und des Landesmusikrates NRW, er hat die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung NRW gegründet, den ersten landesweiten Dachverband für kulturelle Bildung, dem viele analoge Gründungen in anderen Bundesländern folgten. Er war beteiligt an der Gründung des Deutschen Kulturrates, in dessen Leitungsgremien er viele Jahre mitarbeitete. Insbesondere war er in der Zeit der Wende turnusmäßig Sprecher des Vorstandes, so daß er einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur für die Kultur- und Jugendarbeit in Ostdeutschland leisten konnte. Es gibt kaum eine Innovation in der deutschen Kultur- und Jugendpolitik, an der er nicht zumindest beratend, oft aber auch gestaltend mitgewirkt hat. Anläßlich seines 80. Geburtstages, der 2002 in der Akademie Remscheid gefeiert wurde, haben viele Weggefährten seine Beiträge beschrieben (M. Fuchs (Hg.): Wirkungen…Spuren…Echo. Bruno Tetzner zum 80. Remscheid 2002).

Menschen leben in ihren Werken fort. Bruno Tetzners Schöpfungen haben Bestand: Die Akademie Remscheid steht solide als Instanz nicht nur für bundeszentrale Fortbildungen, sondern auch für Fragen der Konzeptentwicklung und Innovation. Die BKJ ist ein ständig wachsender Dachverband, längst anerkannter Partner von Politik und Praxis. Das Institut für Bildung und Kultur bearbeitet mit großer Ausstrahlung immer wieder neue relevante Aufgaben von Neuen Medien bis zur Seniorenkulturarbeit. Bruno Tetzner konnte am Ende seines Lebens auf ein eindrucksvolles Lebenswerk zurückblicken. Bis zuletzt brachte er in der BKJ als Ehrenvorsitzender Ideen und Vorschläge zur Optimierung der Arbeit ein. Erst spät mußte er aufhören, die Sitzungen zu besuchen, die er viele Jahre geprägt hat, sodaß wir seine Beiträge über E-Mails erhielten. Bruno Tetzner hat sich verdient gemacht um die Jugend- und Kulturpolitik und somit um die kulturellen Bedürfnisse speziell der Kinder und Jugendlichen.

Max Fuchs



Prof. Dr. Max Fuchs ist Direktor der Akademie Remscheid und Präsident des Deutschen Kulturrates