Literatur im Rheinland und in Berlin

Weitere Literarische Kalender 2009

von Robert Sernatini
Die Reise geht weiter...

Vor drei Wochen habe ich Sie an dieser Stelle auf literarische Ausflüge nach Norden an die Ostsee, nach Süden ins literarische Österreich und nach Baden-Württemberg mitgenommen. Drei Literaturkalender stellten die Gegenden vor. Der fleißige Verlag edition ebersbach, bei dem die Kalender erschienen sind, hat derer noch etliche andere. Wir bekamen die Gelegenheit - und nutzen sie gerne - auch literarische Wochenblätter aus dem Osten und Westen unserer Republik vorzustellen: Berlin und das Rheinland. Natürlich wissen Sie, liebe Leser und ich auch, daß allen deutschen Landstrichen seit jeher herrliche Literatur entsproß. Die Dichte und Größe des literarischen Vermächtnisses Deutschlands wird jedoch besonders deutlich, blättert man einmal parallel die besagten Kalender durch und läßt sich von der kulturellen Fülle und Vielfalt überraschen.

Literarisches Rheinland

Heinrich Böll (1917-1985) schaut, mit der unvermeidlichen Zigarette in der Hand, den Leser vom Titelblatt des "Literarischen Rheinland 2009" an. Er darf diesen Platz mit Recht beanspruchen, erzählt der Romancier und Nobelpreisträger, dessen Werk zum besten der deutschen Literatur gehört, doch viel und mit einerseits leicht wirkendem, doch tiefgehenden Humor, andererseits erfüllt von tiefem Ernst von den Menschen des Rheinlandes. In der 16. Woche begegnet er uns noch einmal, mit einem Text-Auszug aus "Ansichten eines Clowns", das neben "Irisches Tagebuch", "Haus ohne Hüter, "Das Brot der frühen Jahre", "Ende einer Dienstfahrt", "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen", "Nicht nur zur Weihnachtszeit" und "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" zum besten seines Werks zählt. Der expressionistischen und exzentrischen Elberfelder Dichterin Else Lasker-Schüler und ihrem Schauspiel "Die Wupper" ist ein Wochenblatt im Februar gewidmet. Alle, nicht nur Rheiländer, kennen den Karnevalsausklang mit dem Lied "Am Aschermittwoch ist alles vorbei...". Jupp Schmitz hat es berühmt gemacht, Hans Jonen hat den Text geschrieben. Der Düsseldorfer Heinrich Heine wird reichlich bedacht, Dieter Wellershoff und Gisbert Haefs (beide haben auch viele Krimis geschrieben), Friedrich Engels, hier einmal nicht mit den kommunistischen Manifest, sondern mit einem Text über den Dom von Xanten und Ernst Moritz Arndt. In der 34. Woche kommt ein "Imi" zu Wort: Konrad Beikircher, der als geborener Südtiroler dennoch der rheinischste Rheinländer unter der Sonne geworden ist. Daß dem unvergessenen niederrheinischen "Philosophen im Übergangsmantel" Hanns Dieter Hüsch ein Blatt überlassen wurde, rechne ich Maren Jungclaus und Michael Serrer, die den Kalender zusammengestellt haben hoch an, nur einer fehlt in der erlesenen Schar schmerzlich: Hermann Harry Schmitz. Seine Grotesken gehören doch zum ewigen Schatz rheinischer Literatur.    Auch der Rhein bekommt seinen Anteil: u.a. durch Joachim Ringelnatz und Nikolaus Becker, die ihn vie viele andere bedichtet haben.


Literarisches Berlin

Ich mag Heiner Müller nicht. Überhaupt nicht. Deshalb habe ich das Titelblatt des von Ulli Zelle edierten Kalenders "Literarisches Berlin 2009" gleich umgeklappt. Geht dank Spiralbindung leicht. Zelle hat die jüngere bis jüngste Literatur (Ost-)Berlins in den Fokus seines Kalenders gestellt. Die Auswahl ist spannend, wird aber nicht jedem gefallen, da eben stark ostlastig. Was sie auszeichnet, ist ihre Vorurteilslosigkeit, ihre Gültigkeit über die Grenzen in den Köpfen hinweg, die Präsentation von Autoren, die eigentlich viel zu selten bei der breiteren Leserschaft Gehör finden. So wünsche ich mir die Aufarbeitung deutscher Kulturgeschichte: Brigitte Reimann, Pieke Biermann, Manfred Krug, Aras Ören, Irmtraud Morgner, die Band Ideal, Lutz Rathenow, Rolf Haufs, Monika Maron, Alfred Andersch, Ulrich Enzensberger, Sven Regener, Christoph Buch, Uwe Johnson und viele andere. Günter Kunert zum guten Schluß. Exoten wie John le Carré, Ian Fleming, Carlos Cerda und Cees Nooteboom geben dem Kalender den Geruch der trotz Mauer und Stacheldraht (oder eben deswegen?) aufregenden Stadt Berlin. Die 68er Zeit, der Widerstand der Intellektuellen in der DDR, der Kalte Krieg, Umbrüche in Ost und West sind Hauptthema. Wer also Zille, Liesegang, Seidel, Hermann u. Co. erwartet, wird hier nicht bedient. Sollte man wissen, bevor man vom literarischen Berlin-Kalender enttäuscht ist. 


Literarisches Rheinland 2009

56 Seiten, Ringheftung,
Format: 24x32 cm
Erscheinungsdatum: 26.09.2008
Bestell-Nr.: 978-3-938740-62-0
EUR 22,00 (D) / SFr 40,60 / *22,20 (A)
Literarisches Berlin 2009

56 Seiten, Ringheftung,
Format: 24x32 cm
Erscheinungsdatum: 08.09.2008
Bestell-Nr.: 978-3-938740-69-9
EUR 22,00 (D) / SFr 40,60 / *22,20 (A)









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