Nicht einmal halbwegs logisch

„65“ von Bryan Woods, Scott Beck

von Renate Wagner

65
USA 2023
 
Drehbuch und Regie: Bryan Woods, Scott Beck
Mit: Adam Driver, Ariana Greenblatt u.a.
 
65“ ist ja nun nicht unbedingt ein einladender Titel – er sagt gar nichts aus. Höchstens erwartet man sich ein Oldies-Treffen im Altersheim. Daß man per Zeitreise 65 Millionen Jahre zurück in die Geschichte unserer Erde gebeamt wird – das bekommt man später erklärt. Sobald nämlich Pilot Mills (Adam Driver, mehr Normalmensch als Action-Held) zu einer anspruchsvollen zweijährigen Mission ins All aufgebrochen ist, die so gut bezahlt wird, daß er sich dann die Therapie für seine schwerkranke Tochter leisten kann.
Wenn man also in seiner Raumkapsel verunfallt aufwacht und sich im Irgendwo befindet – dann muß sich nur herausstellen, daß dieses Umfeld für den Menschen durchaus verträglich ist. Die gute Mutter Erde, allerdings nicht die, die man verlassen hat. Sondern so weit zurück in der Zeit, daß die Welt von Dinosauriern beherrscht wird.  Da wird unser Held gleich von einem Mini-Dino attackiert. Mit dem kommt er ja noch gerade zurecht. Aber wo sind die richtig großen?
 
Steven Spielberg hat dafür gesorgt, daß Dinosaurier zur Lieblingsspeise des Kinopublikums gehören, es ist nur nicht ganz einfach, sie halbwegs logisch auf die Leinwand zu bringen. Da muß man, wenn sie (angeblich) „echt“ sein sollen, eben Jules-Verne-tief in die Vergangenheit der Erde tauchen. Im Kino geht das – Drehbüchern sind schließlich keine Grenzen gesetzt –  wie gesagt per Raumschiff  und Zeitreise. Die hat im wirklichen Leben noch keiner geschafft (Virtual Reality zählt nicht), aber auf der Leinwand glauben wir ja bereitwillig alles.
Mills, der nur noch von flackernden Computern umgeben ist (die immerhin noch Informationen liefern), glaubt, der einzige Überlebende zu sein. Fragen wir nicht, was ein neunjähriges Mädchen namens Koa (Ariana Greenblatt) in diesem  Raumschiff zu tun hatte, jedenfalls sind sie nun zu zweit auf dem Überlebenstrip. Sie müssen aus der Kapsel, denn irgendwo draußen, sagen ihm seine Geräte, gäbe es eine Rettungskapsel, mit der er wieder in seine Echtzeit zurück kehren könnte. Bis dahin ist mit eineinhalb Spielstunden zwar kein überlanger, aber eher trockener Weg, ungeachtet der Sümpfe, in der unser Paar auch hinein gerät.
Scott Beck und Bryan Woods haben im Doppelpack als Drehbuchautoren und Regisseure den Horror-Thriller „A Quiet Place“ gedreht, der viel Lob fand. So Spannendes ist ihnen diesmal bei weitem nicht eingefallen, wenn Mills und das Mädchen nun von einem gefährlichen Dinosaurier zum nächsten weiter gereicht werden, die ihnen alle ans Leben wollen (immerhin hat Mills Laser-Waffen, um die ihn im echten Leben jene beneiden würden, die sie brauchen).
Aber die Dinos – es sind zwar viele und abwechslungsreiche, aber eigentlich eher kleinere, häßliche und glitschige Geschöpfe, sie gleichen eher den Flugsauriern aus vielen Sci-Fi-Filmen mit Märchencharakter als Steven  Spielbergs wundersamen Riesen.
 
Neben dem nervtötenden Lebenskampf gibt es Mills’ Erinnerungen an die eigene Tochter, was den menschlichen Aspekt ebenso hoch hält wie die Beziehung zwischen ihm und der Reserve-Tochter, die allerlei mitmachen muß. Das ist alles gewissermaßen auf konventionelle Art spannend, Neues oder wirklich Überraschendes gibt es nicht, also bleiben die Dinosaurier weiter die historische Spielberg-Domäne und entfalten hier keinesfalls ihr tolles Potential.
 
 
Renate Wagner