So ein Theater!
Zwei neue kurzweilige Bücher aus der Welt der Bühne
Faszination Bühne Das Theater ist ein unerschöpflicher Quell der Unterhaltung - für beide Seiten der Rampe, also für die, welche im Licht stehen und jene, die ihnen aus dem Dunkel des Saales zuschauen - oder sich wie in diesen beiden Fällen mit einem unterhaltsamen Buch über das Theater genüßlich im Lesesessel zurücklehnen. Schauspieler-Erinnerungen, Memoiren von Regisseuren und Intendanten, gesammelte Rezensionen von Kritikern - ein nie versiegender Quell der Unterhaltung! Theaterskandale Der berühmte Theaterkritiker Georg Hensel (1923-1996), Verfasser des "Spielplan" hat eines seiner bekanntesten Bücher so betitelt: "Theaterskandale und andere Anlässe zum Vergnügen". Das trifft den Nagel auf den Kopf. Denn was ist schöner, als aus der Distanz des Lesers an Aufregungen, Skandälchen und handfesten Eklats des Theaters teilnehmen zu können. Bernd Noack (*1958), ein Theaterkritiker der Generation nach Hensel hat den Faden aufgenommen und mit seinem Buch "Theaterskandale von Aischylos bis Thomas Bernhard" ein köstliches Kompendium solcher Aufreger durch die Geschichte des Schauspiels und der Schauspielerei zusammengestellt. Den Bogen von Aischylos zu Bernhard schlägt er bereits im zweiten Artikel. Theater will polarisieren, ja provozieren, so es nicht kommerzielles Unterhaltungstheater ist. Und das soll es auch. Wenn dann Autoren oder Regisseure über die Stränge schlagen, bekommen sie es vom (leider immer zahmer und duldsamer werdenden) Publikum und der Kritik schon attestiert. Fragen Sie einen Kritiker, wie elegant sich ein Verriß formulieren läßt und er wird Ihnen bestätigen, daß es herzerfrischend ist, schlechtes Theater oder Geschmacklosigkeit abzuwatschen. Bernd Noack, gefragter Rezensent, hält sich in seinem kundigen Buch damit zurück, bezieht mehr die Position des Berichterstatters, des eher neutralen Beobachters und zitiert kritische Stimmen. Man hat dadurch als Leser noch immer die Möglichkeit, die eigene Meinung reifen zu lassen und zu entscheiden, welcher politische Eklat (Beispiel: Rolf Hochhuths "Der Stellvertreter"), welche Nudität (Beispiel: "Brüste, orangen geschminkt") oder welche effekthaschende Provokation (Beispiel: Das "Ekeltheater") man als Skandal sehen möchte. Immer wieder erfährt man auch, daß Stücke, die bei ihrer Uraufführung zum Skandal wurden und Dramatiker, den das gleiche Schicksal widerfuhr, später anerkannt und hoch gelobt wurden. Das beruhigt. Noacks Buch ist kein Skandal, es ist ein Vergnügen. Erinnerungen Eine, die das Theater seit früher Kindheit von innen heraus kennt und von ihm erzählen kann, ist die Burgschauspielerin und Fernsehdarstellerin Ulrike Beimpold, die nun mit 44 Jahren ihre Theatererinnerungen vorlegt. Zu früh, möchte man meinen, denn ihre Karriere wird wohl noch ein paar Jahrzehnte weitergehen. Doch auch nicht zu früh, denn sonst müßte man womöglich eben diese paar Jahrzehnte noch darauf warten. Nehmen wir "Eine Birne namens Beimpold" also einmal als ersten Band der Erinnerungen einer Mimin, die mit vier Jahren im Kindergarten den siebenten Zwerg in "Schneewittchen" gespielt hat, mit acht Jahren am Wiener Burgtheater den Genius in Raimunds "Der Diamant des Geisterkönigs" und die mit 15 Jahren endgültig den Weg zur Bühne fand, wieder an der "Burg", diesmal als Peppi in Nestroys "Mädl in der Vorstadt". Es folgten neben vielen anderen Rollen Elfe und Birne, Schwein und Kammerzofe, Desdemonerl und Nanny, Damen und Dämchen, Panther Baghira und viele Fernsehdrehs. Ulrike Beimpold hat notiert, was sich in all den Jahren überwiegend heiter begeben hat, erzählt von Kollegen und Freunden, Intendanten und Regisseuren, Publikum und Frauenpower, Schabernack und Extemporé. Das Schöne an diesem wunderbaren Buch ist, daß man es "portionsweise" lesen kann, vorwärts, rückwärts, mittendrin. Jedes Kapitel, jede Anekdote kann solo bestehen - wenngleich ich empfehle, schon die herkömmliche Art der Lektüre zu wählen: von Anfang an - so macht es am meisten Spaß. Was beiden hier empfohlenen Büchern leider fehlt, sind Namensindexe. Die wären sehr nützlich gewesen. |