Jetzt wird es wild

Macrons Bodentruppen für die Ukraine

von Lothar Leuschen​

Foto: WZ
Jetzt wird es wild
 
Macrons Bodentruppen für die Ukraine
 
Von Lothar Leuschen
 
Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dazu verleitet haben können, der Ukraine unter Umständen französische Bodentruppen in Aussicht zu stellen. Da wären beispielsweise innenpolitische Überlegungen. In Zeiten, in denen auch in Frankreich der rechte Rand breiter wird, kann es hilfreich sein, Entschlossenheit, Stärke und Kampfbereitschaft zu zeigen. In diesem Fall hat Macron die Rechnung allerdings ohne Marine Le Pen gemacht. Die Putin-Freundin deutet das vage Angebot des französischen Präsidenten denn auch in „Kriegstreiberei“ um.
 
Außenpolitisch hat Emmanuel Macron mit seinem Vorstoß einen französischen Pflock eingeschlagen. Das Führungsvakuum, das unter anderem Bundeskanzler OIaf Scholz durch seine Zögerlichkeit erzeugt, die Macron anscheinend als Ängstlichkeit interpretiert, läßt dem Präsidenten der Grande Nation den Raum, Größe und Entschlossenheit zu zeigen. Er stellt sich an die Spitze einer europäischen Verteidigungsunion, die es so allerdings gar nicht gibt. Denn schon hat der mögliche künftige Nato-Generalsekretär, Mark Rutte, dem Entsenden von Bodentruppen in die Ukraine eine Absage erteilt.
 
Das Ende dieses Liedes hat zwei Strophen. Die eine besingt eine uneinige Europäische Union, die derzeit nicht in der Lage ist, dem russischen Aggressor ein gemeinsames Abschreckungsszenario entgegen zu setzen und obendrein uneins ist in der Unterstützung der Ukraine. Taurus ja, Taurus nein, ist die eine ungeklärte Frage, die andere dreht sich um nicht erbrachte Munitionslieferungen. Und in der letzten Strophe des Trauerliedes geht es schlicht um einen weiteren Erfolg Wladimir Putins. Zum Geländegewinn an der Kriegsfront gesellt sich nun der Landgewinn auf dem diplomatischen Parkett. Der russische Machthaber spaltet Europa. Emmanuel Macron ist auf ihn hereingefallen. Die womöglich von tiefer Sorge getriebene Überlegung, französische Soldaten in die Ukraine zu entsenden, lastet nun schwer auf der ohnehin schon fragilen Beziehung zwischen Berlin und Paris.
 
 
Der Kommentar erschien am 28. Februar in der Westdeutschen Zeitung.
Übernahme des Textes mit freundlicher Erlaubnis des Autors.