Balladen mal anders

"Niederfallen ferner Sterne" - Stefan Sulke singt und spricht die schönsten deutschen Balladen

von Frank Becker
Balladen mal anders

Wie hat man uns in der Schule mit Balladen gequält. Goethes "Erlkönig", Schillers "Taucher", Hagedorns "Seifensieder", Fontanes "John Maynard" - wir mußten sie auswendig lernen - und vor der feixenden Klasse aufsagen. Ich habe es gehaßt! "Die Glocke", bedeutungsschwer und uns Knaben in Quarta überhaupt nicht zugänglich, wurde durchgekaut, den "Zauberlehrling" fanden wir ja noch ganz lustig und "Die Brücke am Tay" hatte durch ihren historischen Bezug durchaus Spannung. Aber Meyers "Die Füße im Feuer" mochte ich rein gar nicht. Zu grausam. Heute finden das ja sicher einige junge Leute "cool".

Vermutlich hätten wir zu unserer Zeit, die zugegeben schon ein paar Jährchen zurückliegt, viel eher zu den deutschen Balladen gefunden, hätte man uns einen Zugang ermöglicht, wie ihn Stefan Sulke (überwiegend) mit seinem Album "Niederfallen ferner Sterne"  anbietet. Idee und Vertonung bekommen den Texten bis auf wenige Ausnahmen, zu denen der "Erlkönig" und "Die Füße im Feuer" gehören - Kitsch. "Der Zauberlehrling" hingegen hat als HipHop angelegt Pep und Groove, Meyers "Lethe" kommt angemessen romantisiert, schön gruselig ist "Die Brücke am Tay" angelegt und so richtig liebenswert und mit Sulke-typischem Pfiff der "Herr von Ribbeck". Heinrich Heines "Lorelei" und seinem "Belsazar" tun die Sulke-Bearbeitungen gut, und Rilkes Schwermut wird ebenfalls recht ordentlich ausgedrückt.

Ein wenig mehr dramaturgische wie dramatische Abwechslung im Vortrag könnte man sich zwar durchaus vorstellen, doch bleibt das Unterfangen trotz einer gewissen Eintönigkeit lobenswert. Das Booklet enthält alle Texte, die man rot auf orange mitlesen kann, falls man das kann. Ich möchte wissen, wer sich eine solch kontraproduktive Farbwahl ausdenkt. Daß der Name Hugo von Hofmannsthals - beinahe möchte man sagen: wie üblich - mit Doppel-f falsch geschrieben ist, weil nicht richtig hingeschaut und zugehört wird, ist einfach ärgerlich, und das süßliche Unterlegen seines Textes "Manche freilich..." mit J.S. Bachs Schlußchoral aus der Kantate 147 "Jesus bleibet meine Freude" erscheint mir ein ganz klein wenig jenseits guten Geschmacks. Dennoch, Kritik hin, Ärger her: unter dem Strich ist die Bilanz positiv. Vielleicht mal im Curriculum berücksichtigen.
Beispielbild

Stefan Sulke
Niederfallen ferner Sterne
Die schönsten deutschen Balladen
(Pop & Poesie)

Stefan Sulke  -  Komposition, Keyboards, Gitarren
N´Bongo Amadoulouéle - Kontrabaß
Johannes Flamm  -  Saxophon
Manfred Leuchter  -  Akkordeon

(P) + © 2005 Monopol Records

Titel:
1. Der Zauberlehrling (Goethe) 4:42
2. Lethe (Meyer)   2:42
3. Die Brücke am Tay (Fontane)  5:27
4. Herr von Ribbeck auf Ribbeck im 
    Havelland (Fontane)   3:24
5. Erlkönig (Goethe)   2:39
6. Lorelei (Heine)   3:43
7. Jung gewohnt, alt getan (Keller)  
    5:27
8. Belsazar (Heine)   3:51
9. Die Füße im Feuer (Meyer)   9:06
10. Orpheus (Rilke)   7:57
11. Manche freilich (Hofmannsthal)
     3:43

Gesamtzeit:   53:00

Weitere informationen unter:
www.meiselmusic.de
www.stephansulke.de