Wer war Palladio?
Im nordöstlichen Italien liegt im Herzen des fruchtbaren Veneto eine kulturhistorisch beschenkte Provinz, die ihren Namen von der Verwaltungshauptstadt herleitet und die ihren historischen Glanz zu großen Teilen auch durch die erhalten gebliebenen Architekturen bewahrt: Vicenza. Vor 500 Jahren, genauer: am 8. November 1508 wurde der wohl berühmteste Architekt der Renaissance und einer der einflußreichsten Baumeister der Architekturgeschichte schlechthin im nicht weit entfernten Padua geboren. Andrea Palladio, Sohn eines Müllers, erkor von 1523 an Vicenza zum Mittelpunkt seines Wirkens, wenn er auch viel in Rom, Padua und Treviso arbeitete und in Venedig seine wichtigsten Kirchen wie San Giorgio Maggiore und Il Redentore entstanden. In Venedig wurde sein erhalten gebliebenes Standardwerk „Vier Bücher zur Architektur“ herausgegeben, das ihn neben vielen anderen Literaturen wie z.B. seine Rom-Führer auch als bedeutenden Autor ausweist. Guido Beltramini geht in seinem 2008 erstmals Venedig bei Marsilio erschienenen Buch „Palladio
Kein Reisender, der die Region Vicenza besucht, wird an den prächtigen, bis heute genutzten Villen und Palazzi, den Landhäusern, Brücken, Schlössern, Befestigungsanlagen und Burgen vorbeikommen, die in einem dichten Netz und ungeahnter Fülle die Stadt umgeben. Vor allen anderen Architekten, die dem Bild der Landschaft mit ihren markanten Bauten bis auf den Tag Charakter verleihen, ist Andrea Palladio der größte. Sein Name steht für eine Hochblüte der Baukunst und eine charakteristische Stil-Entwicklung, die als „Palladianischer Klassizismus“ Weltruhm erlangte. Das architektonische Erbe Palladios, Weltkulturerbe der UNESCO, wird sorgfältig gepflegt und nicht nur museal bewahrt.
Durch den Arco delle Scalette an der Piazzale Fraccon im Südosten verläßt man Vicenza in Richtung Süden, wo man schon nach knapp zwei Kilometern auf einem Hügel der imposanten Villa Almerico Capra Detta „La Rotonda“ ansichtig wird – einer der prächtigsten Palladio-Bauten der Region und durch ihre Lage und die charakteristische Kuppel ein Blickfang und Wahrzeichen ohnegleichen. Stein
Die Hauptattraktion des Städtchens Bassano del Grappa ist die Ponte Vecchio, heute unter dem Namen Ponte degli Alpini bekannt. Schon seit dem 12. Jahrhundert spannt sich die überdachte Holzkonstruktion über den Fluß Brenta und bildet seit je den Übergang zwischen Bassano und Vicenza. Mehrfach fiel die Konstruktion dem Hochwasser der Brenta zum Opfer, bis 1569 Andrea Palladio sie mit wellenbrechenden trapezförmigen Pfeilern neu konstruierte. 1750, 1813 und 1948 wurde bei notwendigen Erneuerungsarbeiten klug auf Palladios Entwürfe zurückgegriffen. Als Wahrzeichen der Stadt und Region ist die bildschöne Ponte Vecchio ein prächtiges Dokument architektonischen Genies.
Wer war nun aber Andrea Palladio selbst? Es bleibt ungewiß, ob die raren Bilddokumente, die ihn angeblich zeigen, wirklich Andrea Palladio darstellen. Andreas Beyer zieht auch das von der Hand El Grecos stammende und von Guido Beltramini favorisierte Bild in Zweifel. Wo hielt er sich auf, wenn er mal wieder für Wochen verschwunden war? Ist der Schädel, der als jener Palladios überliefert ist, wirklich der echte? Ein paar Rätsel dürfen bleiben.
Guido Beltramini: „Palladio – Lebensspuren“, © 2009 Klaus Wagenbach Verlag, mit vielen Illustrationen, einer Bibliographie und einer Einführung von Andreas Beyer, 119 Seiten Leinen, Fadenheftung, ISBN 978 3 8031 12606,
14,90 € Informationen unter: www.wagenbach.de |