Musikstunde

Mit Goethe, Beethoven, Schorsch Bush jr. und Paulchen "Schiefzahn" Potts

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker

Musikstunde

Was haben Ludwig van, Claire Jones
und Paul Potts gemeinsam?
Nix, außer ihrem Unterhaltungswert.


G
uten Tag, liebe Musenblätter-Leser, liebe Freunde meiner musikalischen Plaudereien!
Heute habe ich Ihnen zwei und eine halbe fast 200 Jahre auseinander liegende Anekdoten mitgebracht, die mit Musik und ihrer menschlichen Seite zu tun haben.

Ein Denkmal müßte man für eines der Lieblingsobjekte der Deutschen errichten: den Gartenzaun. Der von Heiligendamm, übrigens 1783 von Samuel Gottlieb Vogel als erstes deutsches Seeheilbad am Heiligen Damm bei Doberan gegründet, hat ja zu Zeiten des zu Recht ruckzuck völlig vergessenen Schorsch Bush jr. für viel Ärger gesorgt. Ich hätte mir damals einen Beethoven dahin gewünscht, und zwar den – falls er durch den Zaun hätte schlüpfen können – der mit Goethe durch Teplitz spaziert ist und dabei, wie Bettina Brentano erzählt, der Kaiserin von Österreich begegnete. Das war am 19. Juli 1812. Ich stelle mir immer vor, wie Beethoven das wohl selbst erzählt haben mag:
"Wie ich in Teplitz ens der Goethe jetroffen habe, sind mir spazierenjejangen, un da kamen uns die Kaiserin von Österreich mit dem janzen Hofstaat und Jedönsräten und allem entjejen und der Goethe wollte denen schon Platz machen. Da hab ich für der Goethe jesagt: "Bleibt nur in meinem Arm hängen, sie müssen uns Platz machen, wir nicht". Aber dem Goethe wurde dat mit jedem Schritt unanjenehmer, er reißt sich plötzlich von mir los, tritt an die Seite und zückt der Hut bis zur Erde. Ich möchte mal sagen: ein Bild des Jammers, ne. Dieser Dichter, und dann der Hut bis zur Erde. Ich natürlich mitten durch durch die janze Bagage, kurz der Kaiserin zujenickt, hatte sich der Fall. Die haben sich auch alle brav verneigt und mich jejrüßt. Paar Schritte bin ich dann weiter jejangen und hab dann auf der Goethe jewartet. Und wie der kam, hab ich ihm jesagt, damit er es sich auch merkt: 'Auf Sie hab ich gewartet, weil ich Euch ehre und achte, wie Ihr es verdient, ne, aber jenen habt Ihr zu viel Ehre anjetan.' Hehe, hatte der natürlich einen Satz roter Ohren!“
Beethoven hätte auch die aufgeblasenen modernen Herrscher sicherlich in ihre Schranken gewiesen.
 
Und zum Schluß noch eine königliche Meldung: Claire Jones, 23 Jahre alt und in Wales geboren, in Crymych nämlich, ist die offizielle Harfenistin des Prinzen von Wales. Ist das nicht wunderschön? Prinz Charles – der mit den Ohren – hat diese Stelle vor acht Jahren geschaffen als Anreiz für musikalische Talente in Wales. Eine perfekte Wahl: schon mit 16 Jahren hat die Harfenistin für die Queen und ihren Philipp in die Saiten gegriffen, sie ist also hoferfahren und protokollarisch gesehen sattelfest. Sie wird also den Prinzen ergötzen und ihm die Sorgen vertreiben – britischer und höfischer geht’s ja wirklich nicht mehr. Da fallen uns nur noch die Walt-Disney-Filme mit der singenden Harfe ein, die der Riese Willi geklaut hat, und wir räkeln uns in unserem Ohrensessel und freuen uns daran, daß es so etwas in unserer „Deutschland-sucht-den-Superstar“-Zeit noch gibt. Danke, Prinz Charles!

Merken Sie auch, daß jetzt endlich der Sommer kommt? Ich habe am Samstag endlich mal wieder bei blauem Himmel im Garten werkeln können, mich als Mensch gefühlt und bin richtig guter Dinge. Schade nur, daß durch meinen Gartenzaun kein Beethoven mehr schlüpfen kann - allenfalls ein zahnschiefes Pummelchen namens Paul Potts - aber da sei Gott vor! Warum mich der so ärgert erzähle ich Ihnen nächste Woche.

Ihr
Konrad Beikircher


© Konrad Beikircher - Erste Veröffentlichung in dieser Form in den Musenblättern 2009
Redaktion: Frank Becker