Berlin - Eine Stadt verändert ihr Gesicht

Ein Bildband von Dirk Palm

durchgeblättert von Frank Becker
Streiflichter der Geschichte

Es ist ein beliebtes Verfahren, das viele Autoren und Verlage für viele deutsche Städte angewandt haben: man nehme ein altes Foto, eine alte Postkarte eines Straßenzuges, Gebäudes, denkwürdigen Platzes einer beliebigen Stadt, suche eben dieses Motiv heute erneut mit der Kamera auf und stelle die beiden Ansichten, nach Möglichkeit deckungsgleich, gegenüber. Voilá: Vorher/Nachher. Lokalgeschichte (be-)greifbar gemacht. Das ist leicht.

Bei einer Stadt wie Berlin, deren Geschichte auch architektonisch überreich ist und deren Gesicht sich seit den Anfangstagen der Photographie, nicht zuletzt durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und den Wiederaufbau in den 50er Jahren wesentlich verändert hat, muß ein Autor an die Grenzen des Möglichen stoßen, wenn er versucht, das Phänomen an wenigen Bildern exemplarisch abzuarbeiten. Der Historiker Dirk Palm hat es auf nur 93 Seiten versucht. Der schmale Band, der mit zwar schönen Fotos und einigen überraschenden An- und Einsichten im großen Weichbild Berlins stochert, muß zwangsläufig marginal bleiben. Zudem scheint  das Buch für Berliner und Ortskenner gemacht zu sein, denn die bescheidenen Erläuterungen zu jeder der 39 Doppelseiten erzählen zu wenig, um einem Uneingeweihten den Zugang zum Charakter und zu der Vielschichtigkeit der Stadt Berlin zu ermöglichen. Um in die Tiefe zu gehen, z.B. zu erzählen, daß unmittelbar an der Jungfernbrücke (S. 18/19) das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR seinen Sitz hatte oder daß der Kurfürstendamm mit dem "Kranzler-Eck" (S. 42/43), einst die Prachtstraße im Westen Berlins, heute durch Bauspekulation und Abwanderung vieler Unternehmen nach Berlin Mitte beinahe zur Billig-Meile verkommen ist, wäre viel mehr Platz nötig gewesen.

Es ist sogar fast unmöglich, das mit einem jeweils nur einem Stadtteil gewidmeten Band zu schaffen, wie es ja auch schon öfter probiert wurde (vgl. Bild-Nachweis). Wie dann mit insgesamt nur 78 Fotos auf 96 Seiten? Es bleiben Streiflichter. Nun, es ist dennoch ein recht hübsches Souvenir-Buch für Touristen ohne den Anspruch auf Tiefe oder ein kleines Mitbringsel für Exil-Berliner geworden und wird seine Käufer finden. Ein Straßen-/Namens-Index hätte allerdings geholfen.

"Berlin – Eine Stadt verändert ihr Gesicht", von Dirk Palm,  © Palmedia Publishing Services/ Sutton Verlag, 96 Seiten, 78 Bilder, 600 g, 24,5 x 22,5 cm, Hardcover
ISBN : 978-3-86680-430-2, Preis : 19,90 €
Weitere Informationen unter: www.suttonverlag.de