Arbeiten von John Chamberlain im Skulpturenpark Waldfrieden

Tony Cragg hat den amerikanischen Bildhauer eingeladen - Die Ausstellung ist bis zum10. Januar 2010 zu sehen

von Frank Becker

Constantpunchline - Foto © Frank Becker
Nur Blech?

John Chamberlain macht aus Stoßstangen,
bunt lackierten Motorhauben
und verchromten Stahlblechen
vergnügliche Skulpturen



Kunst soll erfreuen - das Auge und das Gemüt. Die neue Ausstellung im Glaspavillon von Tony Craggs Skulpturenpark Waldfrieden, die Arbeiten des amerikanischen Bildhauers John Chamberlain (*1927) vorstellt, tut genau das. Im lichten, gläsernen Quader werden bis Januar für drei Monate neun Großplastiken, überwiegend aus der jüngeren Arbeitsphase des Amerikaners arrangiert. Sie sprechen gleichermaßen durch spiegelnden Glanz wie auch mit fröhlich bunten Farben an - Kunst für gute Laune.

Das wirkt auf eine gewisse Weise leicht, ein wenig wie zerknittertes Bonbon- oder Stanniolpapier. Dahinter steckt aber handwerklich die wuchtige Kraft von Biegewerkzeugen und Pressen - und von der künstlerischen Intention ursprünglich die Auseinandersetzung mit der Ikone des amerikanischen Wohlstands, dem Automobil. Das schaut in seinen verwendeten Relikten wie z.B. Motorhauben, Türverkleidungen, Kotflügeln, Stoßstangen, Chromleisten etc. jetzt schon ein wenig anders aus. Das Symbol einer Wirtschaftsmacht hat - wie diese - seine Zeit gehabt. Nun muß man zusehen, was aus dem Rest wird. Bei John Chamberlain, der hierzulande so gut wie unbekannt ist, in den USA aber zu den größten Erneuerern und Wegbereitern der modernen Plastik zählt, werden daraus Objekte, die
einerseits wie in "Constantpunchline", "Swiftyubiqouitous" oder "Sterlingpromqueen"  Ernst und Größe vermitteln, zum anderen mit harlekinesken Zügen, wie bei

Buoy Crazy - Foto © Frank Becker
"Buoy Crazy" und "Aucaussen + Nicolette" mit bunten Lackierungen der abstrakten und konkreten Malerei aufgreifen.

Bis zu drei Metern hoch überragen die Glänzenden Kolosse ihre Betrachter, was alleine schon den Effekt einer gewissen Ehrfurcht mit sich bringt. Größe bedeutet Macht. Die schaut dann in Form von Stoßstangenhörnern und erkennbar gebliebenen Versatzstücken der Autoproduktion relativiert aus den Innenleben der Skulpturen. Macht - perdu. Anders die grell bunten Arbeiten, die zum einen die Betrachtung auf Augenhöhe erlauben, zum anderen aber auch kompromißlos und ohne Berührungsangst mit dem Begriff "Schrott" umgehen. Hier hat einer aus Schrott veritable Kunst geschaffen, die den Betrachter zu faszinieren und zu unterhalten vermag. Ästhetik aus den Relikten einer automobilen Kultur. Wirkt wie eine Prophezeiung.  Zuletzt hat Chamberlain mehr und mehr auf großformatige, verchromte Stahlbleche gesetzt, die er körperlich formt, an Personengruppen erinnernd, ja manchmal bleibt ein schneller Gedanke an Rodins Gruppenplastiken nicht aus. Auch eine gedankliche Nähe zu den Wellblecharbeiten des Neuseeländers Jeff Thomson, der in Australien und Neusseland mit seinen z.T. monumentalen Arbeiten öffentlich Akzente setzt, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings sind Chamberlains Stahlplastiken überweigend nicht wettertauglich, sie würden verlieren, was sie auszeihnet: ihren Glanz und ihre heitere Farbigkeit.

Chamberlain arbeitet auch in anderen Materialien, wie Plastik oder Hartschaum, er malt, fotografiert und filmt. Viele internationale, durch ihre Sammlungen zeitgenössischer Kunst bedeutenden Museen besitzen Arbeiten Chamberlains, so u.a. in Deutschland auch die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, die Sammlung Frieder Burda in Baden-Baden und das Museum für neue Kunst in Karlsruhe. Bei der documenta 7 war Chamberlain vertreten. Ab dem 9. Oktober sind die überwiegend aus der Schweiz ausgeliehenen Werke Chamberlains im Pavillon des Skulpturenparks zu sehen - es sind noch nicht alle da, was aber schon installiert ist, kann auch schon besichtigt werden. Eine Großplastik wird im Freien zwischen Pavillon und Villa aufgestellt. Die Ausstellung, über die sich Tony Cragg als Gastgeber und jahrzehntelanger Bewunderer Chamberlains ganz besonders freut, bleibt bis zum 10. Januar 2010.



Weitere Informationen unter: www.skulpturenpark-waldfrieden.de