Köstliches Vergnügen und leises memento mori

Joachim Klinger - "Pegasus und Flügelschwein"

von Frank Becker
Von Knickebühl bis Entenbrecht

Christian Morgenstern, Joachim Ringelnatz, Peter Paul Althaus, na - klingelt schon etwas? Weiter: Wendelin Überzwerch, Moritz Jahn, Fritz Graßhoff, Richard Schiess und - richtig: Joachim Klinger. Was diese Namen verbindet, ist die hohe Kunst einer heiter-ironischen, skurrilen bis parodistischen Lyrik. Joachim Klinger setzt noch eins drauf, indem er seine Gedichte von Fall zu Fall mit spitzer Feder illustriert. Einige seiner Bücher konnten wir hier schon vorstellen und Joachim Klinger sogar als Mitarbeiter der Musenblätter gewinnen. Ein Gewinn im reinsten Sinne. Unsere regelmäßigen Leser kennen daher sowohl den Lyriker als auch den Prosa-Autor sowie den Zeichner Joachim Klinger, der gelegentlich auch seine Reiseberichte mit stimmungsvollen Zeichnungen ausstattet. Seine Sonntags-Bildergeschichten um "Julle und Vatz" gehören zu den beliebtesten Serien in den Musenblättern.

Heute kann ich Ihnen eine nagelneue Sammlung von Gedichten und Parodien vorstellen, die bewährt wieder im Grupello Verlag erschienen ist: "Pegasus und Flügelschwein".
Ein Buch mit Lach- und Schmunzelfaktor, das in acht Kapitel eingeteilt einmal mehr Beleg für Joachim Klingers tiefen Humor und seine intime Kenntnis deutscher Dichtung ist - und eine weitere Perle in der Reihe seiner Veröffentlichungen. Wir nehmen mit den neuen Gedichten - einige gab es bereits als Vorabdruck und Erstveröffentlichung in den Musenblättern - wieder die Spur seiner Paten Ringelnatz und Morgenstern auf, besuchen Wilhelm Busch, Robert Gernhardt, J.W. Goethe und Ror Wolf, den großen Kabarettisten Werner Finck und Fritz Graßhoff, den Erfinder der Halunkenpostille. Mit Klingers Büchern spazieren wir nicht nur amüsant durch den Garten der grotesken deutschen Lyrik, seine überaus klugen Verse sind neben köstlichem Vergnügen auch liebenswerte Lebenshilfe und leises memento mori. 

Die Tagtigall und die Duckmaus,
das Flügelschwein und der Zipferlak begegnen zwischen Knickebühl und Entenbrecht und zwischen den Buchdeckeln auf 173 ergiebigen Seiten Palmström, Korf, Dr. Enzian und vielen anderen lieben Bekannten - ein lyrisches Gipfeltreffen mit Witz und Verve. Daß bei einem gescheiten Autor angesichts der Weltlage auch ein gewisser Pessimismus eine Rolle spielen muß, liegt auf der Hand. Das Buch gehört unbedingt auf den Nachttisch, um nach des Tages Müh´ allabendlich zum Ausgleich eine gute Portion Heiterkeit mit einem Schuß Klugheit in den verdienten Schlaf mitnehmen zu können.

Was bleibt?
 
Die Welt läuft aus dem Ruder,
weil keine Hand sie hält.
Kain tötete den Bruder
und zeugte manches Luder,
auf das ein Schatten fällt.
 
Die Welt beginnt zu trudeln,
es gibt kein Steuerrad.
Wie sie das Feld besudeln!
Die Menschheit lebt in Rudeln
und hinter Stacheldraht.
 
Die Welt geht vor die Hunde.
Schau nach im Internet!
Da klafft die große Wunde
und splittert manche Stunde
im Satz von Abis Z.
 
Es bleibt ein leises Raunen,
ein Rauschen wie im Wind,
ein Lichtertanz aus Launen
und manchmal auch ein Staunen
im Spiel mit einem Kind.
 
Joachim Klinger
© Grupello Verlag

Beispielbild
Titelzeichnung: Joachim Klinger

Joachim Klinger
Pegasus und Flügelschwein

Gedichte
mit 20 Zeichnungen des Autors

© 2009 Grupello Verlag

173 Seiten, Klappenbroschur
14,90 €

Weitere Informationen unter: