Historische Criminalfälle

Udo Bürger - "Bleche Botz und Klingelpütz"

von Frank Becker
Gewalttätiges Köln

Für den seiner Region besonders verpflichteten Kölner Emons Verlag, über dessen Edition "True Crime" hier bereits berichtet wurde, hat Udo Bürger eine Sammlung historischer Kölner Kriminalfälle der Jahre 1815-1918 recherchiert und unter dem Titel "Bleche Botz und Klingelpütz" zu einem historisch wie kriminologisch anspruchsvollen Buch zusammengestellt.
 
Der Nichtkölner wird rätseln, was sich hinter den Begriffen des Titels verbirgt - ihm sei hier geholfen: "Bleche Botz" steht im Volksmund für das historische "Correctionshaus" in der Schildergasse, das Anfang des 19. Jahrhunderts von dem Maurermeister Botz und dem Blechschläger Hittdorf vom Kloster zum Gefängnis umgebaut wurde. "Bleche Botz" (Hose aus Blech) umschreibt mit den Namen/ Berufen der Erbauer lautmalerisch das gefangen sein. Der "Klingelpütz" war das Rheinische Zentralgefängnis, das an einer Straße gleichen Namens gelegen ab 1833 die "erste Adresse" für Verbrecher aus dem Raum Köln war. Noch heute nennt man das Kölner Gefängnis (längst ist der historische Bau abgerissen und durch eine neue "Anstalt" ersetzt worden) "Klingelpütz".

Dort endete, oft genug auch auf dem Schafott oder vor Erschießungskommandos so manches Verbrecherleben. Was die Täter dorthin brachte, wie Verbrechen entdeckt wurden, wie die Tat geschah und was ihre Vorgeschichte war - und wie die Kölner Gesellschaft auf Verbrechen reagierte, erzählt Udo Bürger in 45 intelligent und griffig aufgebauten Kapiteln mal am Beispiel eines einzelnen Falles, mal thematisch zusammengefaßt. Es gelingt ihm dabei, Zeit- und Lokalkolorit so einfließen zu lassen, daß der Leser ein sicheres Gefühl für die Atmosphäre Kölns im 19. Jahrhundert bekommt. Wir erfahren von kaltblütigen Mord-Thaten, Kirmes- und Karnevals-Raufhändeln mit fatalem Ausgang, üblen Schurken, leichten Mädchen, Opfern und Scharfrichtern. Auch über die unvorstellbaren Zustände im Gefängnis berichtet Udo Bürgers Buch.
 
Die zu den Presseberichten überwiegend aus der "Kölner Gerichts-Zeitung", Archivbeständen, Büchern und einigen anderen Chroniken zusammengestellten Illustrationen machen Tatumstände und Beteiligte im besten Sinne sichtbar. Gerichts-Protokolle waren kaum noch greifbar. Umso mehr sind Bürgers akribische Arbeit und das hervorragende kriminalhistorische Werk zu würdigen. Gänsehaut-Lektüre für den an Kriminalfällen interessierten Leser - für Historiker ebenso unentbehrlich wie für Juristen, Polizisten und den Unterricht an einschlägigen Fachhochschulen. Sehr zu empfehlen.

Beispielbild

Udo Bürger 
"Bleche Botz und Klingelpütz"

Kölner Kriminalfälle von 1815-1918
 
© 2009 Emons Verlag

302 Seiten, gebunden, Fadenheftung, mit zahlreichen (ca. 200) Illustrationen auf Kunstdruck-Papier, Anmerkungen, Quellen
17,90 €

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