Beziehungsgestrüpp

Tina Teubner und Ben Süverkrüp: „Das Tagebuch meines Mannes“

von Frank Becker

© www.tinateubner.de
„Du bist wie deine Mutter!“
 
Tina Teubner analysiert in ihrem Programm
„Das Tagebuch meines Mannes“
gewohnt eloquent das Verhältnis der Geschlechter
Am Klavier: Ben Süverkrüp

 
Tina Teubner bedeutet volles Haus, so auch am vergangenen Wochenende im Remscheider Rotationstheater. Die Kabarettistin und Chanteuse zieht mit Witz und Charme und ihren den steten Grabenkampf der Geschlechter beleuchtenden Programmen offensichtlich besonders Paare an, so jedenfalls am Samstagabend zu beobachten. Na klar, wo sonst bekommt man billiger eine subtile und fundierte Paar-Thearpie? „Das Tagebuch meines Mannes“ verspricht das Plakat, aber Frau Teubner ist viel zu dezent, dem amüsierten Publikum tatsächlich daraus zu zitieren. An der Seite ihres kongenialen Pianisten Ben Süverkrüp führt sie zwei Stunden lang durch das unvermeidliche Beziehungsgestrüpp, das wuchert, sobald sich Sie und Er zusammentun.

Und sie räumt auf: mit dem Vorurteil nämlich, Männer könnten nicht zuhören. Von wegen! Natürlich können die das, man muss ihnen nur zuckersüß schmeicheln und sie unentwegt loben! Weil sie freundlich-offensiv auf ihr Publikum zugeht, hat sie alle schnell in der Tasche: Männer, weil sie stark genug ist, die weiblichen Schwächen einzuräumen, Frauen, weil sie die der Männer kundig ebenfalls beim Namen nennt. Mit ihren Liedern hat sie kürzlich den Kleinkunstpreis 2010, Sparte Chanson gewonnen, die Beispiele „Liebeslied“ (mit Sitz im Leben) und „Da guck ich doch gern hin“ (wenn es anderen mal schlecht ergeht) sind ebenso wie ein simultanes Gemeinplätze-Stakkato „ Du bist wie deine Mutter. Du hast recht. Du hast immer recht. Du wirst auch immer recht haben. Aber es ist irrsinnig unerotisch“ mit Ben Süverkrüp trefflicher Beleg.

Es gibt Tage da kann man nur zu Nordsee zu gehn
und ein Fischbrötchen essen um das Meer in sich zu sehn
und zu wissen was du schon lange weißt
was dir Traurigkeit und was dir Glück verheißt.


Wie wenig die Kabarettistin von Angela Merkel hält, wird in einer gekonnt bösen Parodie auf die mit heruntergezogenen Mundwinkeln Leerformeln verstreuende Galionsfigur der Neuen Mitte deutlich, und Gutmenschen wie die siebenfache Mutter Ursula von der Leyen sind ihr ebenso wie Brottrunk kaufende Reformhaus-Kunden ein Graus. „Wer kann sich in jemanden verlieben, der Brottrunk trinkt? Brottrunk! Das kann doch nicht gut riechen, wenn man Molke und Sauerkrautsaft oben reinfüllt!“ Auch andere Aversionen hält sie nicht zurück. Die manierierten „Wiener Schauspieler-Schabracken“, die bei Max Reinhardt - `kennen Sie ihn?´ - vorgesprochen haben macht sie zu einer Kabarett-Nummer á la bonheur. Besondere Freude hatte Frau Teubner übrigens am Kommando-Ton von Rotations-Chefin Reintraud Schmidt-Wien dem Publikum gegenüber, als sie Veranstaltungen bei freiem Eintritt bewarb, aber gleichzeitig energisch „angemessene“ Spenden einforderte (mit Mindesthöhe). Ihr widmete sie begeistert ein spaßiges Extemporé.

Als Multitalent, nämlich als veritable Instrumental-Künstlerin erweist sie sich später: Primasz-würdig streicht sie die Violine u.a. in einem Tango übers Träume leben, und der Singenden Säge entlockt sie verzaubernde Schlaflieder, darunter „Guten Abend, gute Nacht“ zum Mitsingen. Ben Süverkrüps kundiges Musikscherz-Medley (auch wenn das Leben kein Wunschkonzert ist, wie Frau Teubner kommentierte) begeisterte den Saal nicht minder. Einen mächtigen Text-Hänger gegen Ende verzieh das Publikum gerne.
Aber was schreibt eigentlich ein Mann in sein Tagebuch? Einmal hat sie geschaut. Bei Horst.  Der schrieb: "Nach langem Zögern habe ich mich für den Opel entschieden." Sie tut es nie wieder.
Ihr Fazit hatte sie übrigens schon ziemlich zu Beginn vorausgeschickt: Nur die Liebe zählt. Stimmt.

Weitere Informationen unter: www.tinateubner.de