"Dantons Tod" als psychologisches Erzähl-Theater

Peter Eschberg verzichtet bei seiner Inszenierung von Büchners Drama auf Historie und Massenszenen

von Andreas Rehnolt

"Dantons Tod"
als psychologisches Erzähl-Theater
 
Im Großen Haus glänzen vor allem Rainer Galke in der Titelrolle
und Guntram Brattia als Scharfmacher St. Just 
Premiere am 28.11.2009
 
Düsseldorf - Im Jahr seines 250. Geburtstages stirbt der französische Revolutionär Georges Danton auf zahlreichen europäischen Bühnen - so auch am 28. November bei der Premiere von Georg Büchners "Dantons Tod" im Schauspielhaus Düsseldorf. Die Inszenierung von Peter Eschberg (73) kommt ohne viel Bühnenbild und fast gänzlich ohne revolutionäres Fußvolk aus. Der Regisseur zeigt kein Historiendrama, er seziert vielmehr in der gut zweieinhalbstündigen spielarmen und wortreichen Aufführung die Charaktere derjenigen, die 1789 die französische Revolution gemeinsam zur Welt brachten und die fünf Jahre später in zwei unversöhnlichen Lagern andere Vorstellungen von deren weiterem Wachstum proklamieren.
 
Der schwergewichtige Rainer Galke gibt den lebenshungrigen Genußmenschen Danton mit wirrem Haar und offener Hose, stets bereit, auf einem Lotterbett über ein käufliches Mädchen herzufallen. Götz Schulte dagegen gibt Robespierre im hochgeschlossenen Gehrock. Gefühllos, mit gelangweilt-strenger Miene und jedweder Lust abhold sitzt er auf einem gigantischen Tisch in seinem Ohrensessel und hat so gar nichts von dem Blutmessias anderer Inszenierungen. Und doch wird er das Todesurteil für Danton und seine Gefährten Camille und Lacroix ohne Zaudern unterschreiben. Der Scharfmacher in Eschbergs Variante ist St. Just, den Guntram Brattia hervorragend als Mischung aus eiskalt-berechnendem Polit-Technokraten und Groß-Inquisitor gibt. Er ist die treibende Kraft, die den Tod für Danton fordert und durchsetzt.
 
Danton auf seinem Lotterbett hat sich längst von seiner Rolle als Hardliner der Revolution getrennt. Doch für was er in Eschbergs Inszenierung noch steht, wird nicht recht deutlich. Der ihm von Büchner eingeschriebene Lebensekel und Sarkasmus jedenfalls geht ihm gänzlich ab. Warnungen, ihm und seinen Gefährten könne es an den Kragen gehen, lassen ihn - zumindest äußerlich kalt. Die empfohlene Flucht ins Ausland schlägt er aus: "Nimmt man denn das Vaterland an den Schuhsohlen mit?" fragt er. Warnungen der Freunde schlägt er in den Wind. "Sie werden es nicht wagen", diesen Satz spricht Danton ein ums andere Mal, hämmert ihn sich mit seinen Fäusten förmlich in den Kopf.
 
Und dann passiert es doch. Der kurzzeitige Justizminister muß sich nach seiner Verhaftung vor dem von ihm selbst eingerichteten Revolutionstribunal verantworten. St. Just wirft ihm vor, ein Gegner der Revolution zu sein. Trotz lautstarker Bravo-Rufe im Tribunal - in Düsseldorf kommen sie wie der Beifall des Tribunals für den beliebten Volksredner vom Band - wird er nach einem kurzen Prozeß zum Tode verurteilt. Robert Bartel als Camille zeigt nackte Todesangst auf dem Kerkerblech, das auf zwei eisernen Schienen auf die Bühne rollt. Wolfram Rupperti als Lacroix ist gefaßt und der Revoluzzer Danton bekommt im Gefängnis Alpträume. Das bißchen Volk auf der schwarzen, fast nackten Bühne im Großen Haus hat keine eigene Meinung. Innerhalb von Minuten grölt es gerade noch für Danton, dann aber doch für den vermeintlich Unbestechlichen Revolutions-Oberlehrer Robespierre.
 
Köpfe rollen am Ende nicht. Stattdessen senkt sich der gigantische Tisch und mit ihm verschwinden Danton, Camille und Lacroix - begleitet von einer metallisch-klirrenden Geräuschkulisse in den Tiefen des Bühnen-Untergrunds. Trotz fehlendem direktem Zeitbezug und manchen Längen gibt's ehrlichen Applaus im vollbesetzten Theater für gute Darsteller und einen Regisseur, der von opulenten Massenszenen, Gittern und historisch überlieferten Räumen bewußt absah und sein Augenmerk vielmehr auf die Konflikte zwischen den beteiligten Figuren legt.
 
Nächste Aufführungen: 1., 14. und 17. Dezember
Karten-Telefon: 0211-369911
Weitere Informationen unter: www.duesseldorfer-schauspielhaus.de