Johann Strauß - Der Zigeunerbaron

Operette ohne Experimente am Theater Hof

von Alexander Hauer
Theater Hof  
Johann Strauß - Der Zigeunerbaron
 
Operette ohne Experimente
 

Premiere war am 5.12.09
 
Was der Schani so vorhatte, ist ihm nicht ganz gelungen. Unbedingt wollte er eine Oper schreiben, und so kommt der Zigeunerbaron ganz im Gewande einer opera comique daher. Er hat so etwas hermaphroditisches, nicht ganz unterhaltsam, nicht ganz ernst. Und darin liegt dann auch die Schwierigkeit bei einer Inszenierung des Ganzen.
 
Im Grunde ein Sozialdrama, Aspekte des Fremdenhasses und der Kriegsverherrlichung könnten sich

Foto © SFF-Fotodesign, Hof
aufdrängen. Alles das vermeidet Georg Rootering.  Und das ist gut so. Einzige Änderung der Handlung ist die zeitliche Verschiebung in die Entstehungszeit des Stückes. Ansonsten hat er eine nette, freundliche Show abgeliefert, die den Blick auf das wesentliche des Werkes offen läßt. Die Bühne von Bernd Franke ist ein Bierzelt, ein Biergarten - irgendwas, vielleicht eines der beliebten Vergnügungsetablissements in Wien. Links eine Wurststation, rechts ein Zigeunerwagen. Man legt sich nicht ganz fest, und auch das ist gut so. Barbara Schwarzenbergers Kostüme sind stilsicher, unterstützen die Charaktere. Soziale Unterschiede werden von ihr klar definiert, aber Frau Schwarzenberger diskriminiert niemanden.
 
Der junge Lorenz C. Aichner hat die Partitur genau studiert. Seine Tempi und seine Dynamik werden klug und sängergerecht eingesetzt. Die Hofer Symphoniker spielen genau nach seinen Vorgaben. Nichts Störendes, nichts Irritierendes erklingt aus dem Graben. Gleich zu Beginn begeistert der verstärkte Chor unter Michel Roberge mit dem Schifferlied. Michael Heim, der Outlaw Sándor Barinkay überzeugt stimmlich, spielerisch und in seiner Maske. Er, der elternlos groß geworden ist, wurde von Barbara Schwarzenberger mit Mantaletten und der dazugehörenden Frisur ausgestattet. Nicht unsympathisch, aber auch nicht unbedingt gesellschaftsfähig. Sein Gegenspieler Zsúpan, Erzkomödiant Jürgen Schultz, stellt sich dem Publikum als verschlagener, neureicher Schweinderlzüchter vor. Sein Töchterlein Arsena (Monika Hügel) ist das passende Kind, voller Zickigkeit, aber verliebt in Ottokar (Thilo Andersson). Die beiden geben schon ein nettes Buffopaar ab. Stimmlich und in der Darstellung zeigen die sie, was sie können.
 

Foto © SFF-Fotodesign, Hof
Auf der Zigeunerseite setzen Saffi und ihre Mutter Czipra Maßstäbe. Ingrid Katzengruber legt die junge Zigeunerin stimmlich schon als Hochdramatische an, ist damit dem Tenor von Michael Heim ebenbürtig. Stefanie Rhaue als alte Czipra - gibt es eigentlich eine Rolle in der die „Steffi“ nicht überragend ist? - ist eine nahe Verwandte von Verdis Azucena, geheimnisvoll im Agieren, stimmlich voll warmer Tiefe. Thomas Rettensteiner legte seinen Homonay als widerlichen Schmierlappen an. Zusammen mit einer sehr ansehnlichen Girltruppe (Ballett von Chefin Barbara Buser getrimmt), überzeugt er mit viel Tokajer und wunderbarem Bariton Zivilisten vom Kriegsdienst.
 
Bis dahin war es bereits ein schöner Abend, aber Marianne Lang als Mirabella und Jürgen Lorenzen als ihr nach 24 Jahren wieder aufgetauchter Gatte dürfen nicht vergessen werden. Marianne Lang, gibt in ihrem Couplet über die Schlacht von Belgrad wieder einmal eine Kostprobe ihres Könnens. Ein Frauenschicksal, vom Türkenpascha entführt und in den Harem gesteckt, in einem Lied. Voll unterdrückter Lust schildert Marianne Lang das Schicksal jener Frau, der arme Pascha kam leider nicht zum Schuß. Jürgen Lorenzen, Gast vom Hofer Schauspiel, gibt, nein, ist der verklemmt spießige (und fast schon preußische) Sittenkommissär Conte Carnero.
Zusammen mit seinem Ensemble stellte Georg Rootering eine gelungene, wenngleich auch konventionelle, Inszenierung auf die Beine. Und das ist ebenfalls gut so - denn wollen wir in der Operette mißlungene Experimente?

Foto © SFF-Fotodesign, Hof