Ein lesens- und sehenswertes Kleinod

Jasimuddin - "Ihr glaubt mir nicht?"

von Jürgen Kasten
Geschichten aus Bengalen
 
Sie kennen Jasimuddin nicht, haben nie etwas von ihm gelesen? Steven Uhly erging es ebenso. Eher zufällig stieß er auf die ´Folk Tales`, der englischen Übersetzung der Geschichtensammlung Jasimuddins. Mehrfach bereiste Uhly das heutige Bangladesch, um die Heimat seines Vaters näher kennen zu lernen. Jasimuddin ist dort wie auch in der indischen Provinz Bengalen bekannt. Als Volksdichter wurde er verehrt und seine Poesie bis heute gelehrt. 1976 verstarb er. Daß er auch Prosa schrieb, bzw. alte Volkserzählungen sammelte, umschrieb oder nacherzählte, geriet in Vergessenheit. Auch die englische Übersetzung, 1974 von Jasmuddins Tochter Hasna J. Moudud herausgegeben, war mehr oder weniger verschollen. Hasna lebt zwischenzeitlich in den USA. Steven Uhly gelang es auf verschlungenen Wegen, Kontakt zu ihr auf zu nehmen, erhielt das Recht zur Veröffentlichung und machte sich an die deutsche Übersetzung. Die poetische Kraft des bengalischen Originals wird sie nicht erreichen, sagt Uhly selbst und doch ist ein wunderschönes, wundersames Buch entstanden, das ich jedem Freund orientalischer Erzählkunst ans Herz lege.
 
15 Erzählungen sind in dem Band vereint, mit Titeln wie „Der Geschichtenerzähler“; „Gerecht geteilt“; „Drei Fische“ oder „Die wahren Faulenzer“. Da wird gelogen, betrogen und gestohlen; arme ungebildete Menschen werden übertölpelt; andererseits besticht der Bootsmann den arroganten Gelehrten mit einer schlichten Weisheit, doch sterben müssen beide („Der Bootsmann und der Gelehrte“).
Die Geschichten bestechen in ihrer ganzen Traurigkeit durch feine Ironie, manchmal geradezu mit brachialer Komik. Ein versöhnliches Ende kommt selten vor. Es fehlt auch der Wink mit dem moralischen Zaunpfahl, wie in vielen Deutschen Märchen üblich. Manche Erzählungen gleichen mehr einer Fabel und zeugen von großer Fabulierkunst. Trotz allem Ungemach, das den armen Menschen und Tieren widerfährt, lassen die Geschichten schmunzeln.
 
Durch die zwischen den Kapiteln eingefügten Collagen wird das Buch noch optisch aufgewertet. Sie fügen sich thematisch den Erzählungen zugewandt und füllen jeweils eine Doppelseite. Geschaffen hat sie die Wuppertaler Designerin und Illustratorin Ulrike Möltgen, Jahrgang 1973. Die Collagen messen im Original 40 x 50 cm, mit Ölfarbe auf Ton-, Transparent- und Kohlepapier geklebt; Wollfaden genäht und gewebt, Sprühtechnik mittels Zahnbürste, Hundehaare.
Ein lesens- und sehenswertes Kleinod. Das empfohlene Lesealter von 14 – 15 Jahren scheint mir unrealistisch. Das Buch ist eher etwas für erwachsene Kenner des Besonderen.
Beispielbild

Jasimuddin
Ihr glaubt mir nicht?
 
Folk Tales of Bangladesh
 
Übersetzung aus dem Englischen von Steven Uhly
Illustrationen © Ulrike Möltgen 2009

© 1974 Hasna J. Moudud, Dhaka 
© 2009 Münchner Frühling Verlag

1. Auflage 2009, Halbleinen gebunden, 21,5 x 28 cm, 112 Seiten, ISBN: 978-3-940233-14-1
€ 29,80
 
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