Der Kampf mit der Ventilation
In Bochum haderten die leisen Dialoge
der „Zofen“ Jean Genets in Ulf Stengls Inszenierung mit der Lautstärke der Belüftung Regie: Ulf Stengl – Bühne: Silvia Merlo – Kostüme: Veronika Bleffert – Licht: Falk Hampel – Dramaturgie: Dietmar Böck Nicht scheusälig genug
Sicher, es wurde auch durchaus lautstark von Claire (Imogen Kogge) und Solange (Manuela Alphons) das Wort geführt - im Rollenspiel Herrin/Dienstbolzen und in der Diskussion ob und wie man Madame (Evamaria Salcher) umbringen soll. Doch da, wo es leise wurde, übernahm die Ventilation die Regie. Gut, man braucht frische Luft im kleinen Saal der Bochumer Kammerspiele - und durchaus auch etwas Kühlung angesichts des reizvoll dekolletierten Kleides von Madame. Aber doch nicht auf Kosten der Verständlichkeit!
Aber zu Jean Genets „Die Zofen“ oder wie sie 1958 im Wiener „Theater am Fleischmarkt“ hießen „Die Dienstboten“: Im selben Jahr auch in Berlin an der „Tribüne“ aufgeführt, wird Genets Stück von Friedrich Luft ob seines Giftes, seines Hasses, seiner Bosheit und Qual höchlichst gelobt. Beschreibungen wie „scheusälig und hinreißend“, „mit wollüstiger Menschenverachtung“ und „perfid intelligent“ lassen ahnen, was seinerzeit die drei ebenfalls gelobten Darstellerinnen unter der Regie von Hermann Herrey auf die Bühne brachten.
Dramatische Groteske
Davon findet man wenig bei der von Ulf Stengl inszenierten Bochumer Aufführung, die einerseits zwar
Keine Friedhofsblumen
Den Monsieur hat aufgrund anonymer Diebstahls-Beschuldigungen der Zofen zwar nicht der Teufel, aber immerhin die Polizei geholt. Da aber bald herauskommen wird, wer dahinter steckt, ist das Ende der beiden im Grunde besiegelt. Es sei denn, man brächte die Madame um. Die stellt man sich als bösartige Domina, als Drachen vor. Was aber irgendwann in das spärliche Boudoir hereintänzelt, ist ein hübsches junges Weib von ansprechendem Äußeren, oberflächlich ja - und gut: ein ganz klein wenig läßt sie die Chefin raus. Darf sie. Ist sie ja auch. Aber zu dumm zu bemerken, daß die beiden Schranzen sie mit Gladiolen, Rosen und Mimosen eigentlich ihrer Liebe versichern (oder hat die Bühnenausstatterin ohne Kenntnis der Blumensymbolik ausgestattet – denn sie beklagt „...ihr begrabt mich unter Friedhofsblumen“. Es sind keine.
...dein Gift wirkt schnell
Das Mordkomplott misslingt, Madame trinkt den ihr zugedachten Tee nicht, eilt lieber zur Freilassung
„O wackrer Avantgardist, dein Gift wirkt schnell“ schrieb Friedrich Toberg zur damaligen Wiener Aufführung und nahm das Stück ebenso wenig ernst wie ich das heuer in Bochum konnte. Hier wirkte das Gift eher als Schlafmittel. Interessant am Rande: 1952, als der junge Peter Zadek das Stück in England erstaufführte, war es von der Zensur verboten! Und als er Genets „Balkon“ auf die Bühne brachte, wollte Genet ihn eigenhändig auf daselbst erschießen. Es kam zum Glück auch zu dieser Mordtat nicht.
Weitere Informationen und Termine unter: www.schauspielhausbochum.de
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