Danzón
Ein Stück von Pina Bausch
Der Danzón entwickelte sich aus der französischen Contredanse und gelangte im Zuge der Kolonisierung im 17. Jahrhundert nach Kuba und Mittelamerika. In verschiedenen Ländern hat er unterschiedliche Bedeutungen. Eine z.B. bezeichnet ihn als eine Art „Tanzpalast“. Der von Pina Bausch befindet sich in der bis zu den Brandmauern offenen und leeren schwarzen Bühne. Videoprojektionen verwandeln den Raum mal in einen Wald, einem Strand oder einer Eiswüste, in der weiße Gänse eng gedrängt stehen. Vorgespannte Gazevorhänge lassen die Landschaften plastisch erscheinen. Schemenhaft huschen nackte Tänzer durch den Wald, sich neckisch nachlaufend. Fröhlich kreischend hüpfen sie durch Wellen, aalen sich im Sand. Ein Riesenbaby sitzt in einer Badewanne, umschlingt eine schwarze Stoffgans und schaut staunend auf die Gänseherde. Das Baby (Andrey Berezin) wird während des gesamten Stückes präsent sein. Nur mit einer Windel bekleidet tapst es neugierig krabbelnd durch die Szenen - aber auch stark und zerstörerisch.
Liebesspiele
In einem Lexikon ist nachzulesen, daß die Bewegungen im Danzón ruhig, elegant und ausdrucksstark
Mechthild Großmann und Dominique Mercy
Auch Mechthild Großmann hat einige große Auftritte. Wütend ruft sie: „Ich mache alles. Alles!“ - und tritt nach einem Tänzer. Einen anderen würgt sie. Einfache Tanzschritte einer Tänzerin kommentiert sie sarkastisch, um gleich darauf dem Publikum klarzumachen, daß hier keiner entkommt, weil er sich nicht unterhalten fühlt. „Die Türen sind verschlossen. Ich möchte in Ruhe mit ihnen arbeiten“. Dann wieder schreitet sie im Abendkleid erhaben in die Bühnenmitte und rezitiert über eine angekündigte Teesendung nebst der richtigen Zubereitung. Dominique Mercy, inzwischen einer der künstlerischen Leiter der Compagnie, tanzt sein Solo mit gewohnt geballter Kraft, bevor er in anderer Szene mit langen Eselsohren traurig schauend auf das Publikum zugeht. Wie abwesend winkt er kurz, geht zurück, wieder vor und zurück. Mit seinem Auftreten wendet sich jedesmal die fröhliche, beschwingte Stimmung. „Mach was Schönes mit uns“, ruft ihm eine Tänzerin zu. In langsamer Zeremonie schreitet Mercy imaginäre Gräberreihen ab, über die er Asche verstreut. Eine Tänzerin bewegt sich im Bodensolo durch diese Szene, während Mechthild Großmann sie mit Erde überschüttet.
Über allen Gipfeln ist Ruh´
Ein Vorhang senkt sich. Ein Video mit schillernden Schleierschwänzen wird projiziert. Das Publikum schaut gespannt auf die Bühne, denn es folgt der Part, der ursprünglich von Pina Bausch selbst getanzt wurde. Gemessenen Schrittes quert ein junger Mann die Bühne, nimmt seine Position ein und zieht die Zuschauer in seinen Bann. Er trägt die Bausch-typische Kleidung, die weit geschnittene schwarze Hose und bewegt sich in anmutiger Eleganz. Mit Szenenapplaus wird Aleš Čuček
Ein grandioser Tanzabend endet unter reichem Beifall.
Für diesen Mai war ein neues Stück in Wuppertal anvisiert, das nach dem plötzlichen Tod von Pina Bausch im letzten Jahr natürlich nicht mehr realisiert werden konnte. Stattdessen gab es die Wiederaufführung von „Danzón“ (Uraufführung am 13.05.1995) und gibt es vom 20. bis 24.05.2010 die Wiederaufführung von „Viktor“. Danach reist die Compagnie nach Japan, Türkei und Griechenland.
Inszenierung und Choreographie: Pina Bausch - Bühne und Video: Peter Pabst -
Lieder und Arien von Francesco Cilea, Umberto Giordano und Gustav Mahler.
Das Ensemble: Regina Advento, Andrey Berezin, Aleš Čuček, Silvia Farias Heredia, Mechthild Großmann, Barbara Kaufmann, Daphnis Kokkinos, Dominique Mercy, Pascal Merighi, Cristiana Morganti, Fernando Suels Mendoza, Aida Vainieri
Gesehen am 07.05.2010 im Opernhaus Wuppertal
Redaktion: Frank Becker |