Natur wird Kunst

Aus dem Archiv von Georg Arends

von Petra Schumacher/Frank Becker
Natur wird Kunst - Georg Arends
 
24.08. 2010 – 02.01.2011
 
 
Die Staudengärtnerei Arends-Maubach in Wuppertal-Ronsdorf ist eine der ältesten in Deutschland. Ihr Gründer Georg Arends (1863-1952) hinterließ der Nachwelt etwa 350 neue Züchtungen und darüber hinaus auch ein riesiges Archiv an Pflanzenzeichnungen und vor allem Fotografien auf Glasplattennegativen. Diese Sammlung ruht, von der Öffentlichkeit kaum beachtet, bis heute im Archiv der Gärtnerei. Die über tausend Glasplattennegative entstanden in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Das Von der Heydt-Museum hat jetzt aus diesem großartigen Fundus neue Abzüge erstellen lassen, die das Zentrum der Ausstellung „Natur wird Kunst – Georg Arends“ bilden.

Georg Arends - unbekannter Fotograf
 
In der Geschichte der Pflanzendarstellungen stehen Naturwissenschaft und Kunst sehr nahe beieinander. Für den Botaniker entscheidend war seit der Antike die genaue Abbildung der Pflanze – ein Bereich, in dem eine naturalistische Darstellungsweise besonders wichtig ist. Seit der Entwicklung der Fotografie in der Mitte des 19. Jahrhunderts fand deshalb gerade dieses Medium wegen seiner Präzision und „Unbestechlichkeit“ eine weite Verbreitung und löste die Zeichnung teilweise ab. Dies bedeutete eine Weiterentwicklung in der Darstellung der Botanik, die sich so besonders schön in den Bildern der Staudengärtnerei Georg Arends ablesen läßt.
 
Die Schwarz-Weiß-Fotografien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigen verschiedene Pflanzen, vorrangig Georg Arends´ Hauptzüchtungsgruppen, Primeln, Astilben, Azaleen, Rhododendren und Steingartengewächse. Aber auch Gesamtaufnahmen der Gärtnerei haben die Fotografen von einer Leiter oder von dem hohen Schornstein aus erstellt. Manche der Fotos dienten auch als Vorlage für den jährlichen Preiskatalog der Gärtnerei.
Die Fülle des Archivs übersteigt jedoch bei weitem die reine Zweckdienlichkeit: Sie zeugt von der Begeisterung für die Fotografie, von der Leidenschaft vergängliche Blüten in Bildern festzuhalten, von der Akribie eines Züchters und Gärtners und dem Wunsch, all seine Pflanzen in Abbildungen zu erfassen.
Ein Teil des Archivs besteht aus Farbfotografien, die damals noch selten und zudem sehr teuer waren. Sie zeigen den hohen Stellenwert, den die Fotografie für Georg Arends hatte. Hier wurde an Material nicht gespart.
 

Georg Arends - Rhododendron racemosum
D
ie Pflanzen werden so gezeigt, wie sie sind: gestochen scharf - auch in hoher Auflösung, ohne Verfremdungseffekte. Ein gespanntes Leintuch dient oft als Hintergrund, welches von Helfern gehalten wurde, die auf den Fotos teilweise noch zu erkennen sind. An feinen Schatten erkennt man eine professionelle Ausleuchtung. Dabei überzeugen die Bilder vor allem durch die in einem Bildausschnitt eingefangenen Strukturen. Der klare Blick auf sich wiederholende Elemente weckt Assoziationen zu den Fotografien von Albert Renger-Patzsch.
Die Bilder können nicht immer eindeutig einem Fotografen zugeordnet werden. Viele tragen keinerlei Hinweis auf den Fotografen. Der größte Teil der Fotos stammt wohl von Georg Arends´ Söhnen Erich (1894-1967) und Werner (1896-1967).
 
Von Georg Arends´ Hand stammen die Aquarelle und Zeichnungen, die den zweiten Schwerpunkt unserer Ausstellung bilden. Sie entstanden während seiner Ausbildungszeit von 1882 – 1884 in der „Höheren Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau“ in Geisenheim (bei Wiesbaden). Hierin widmete sich Georg Arends der Darstellung exotischer Pflanzen und der Erfassung aller damals bekannten Apfel- und Birnensorten.
In diesen Bildern wird das botanische Interesse noch deutlicher als bei den Fotos: Wir sehen die Pflanze oder Frucht als Objekt ohne Hintergrund dargestellt, die Blüten sind teilweise abgetrennt und im Detail, in der Aufsicht und Ansicht, gezeigt. Dieses Abtrennen und Danebenlegen der Blüte ist oft so geschickt komponiert, daß es dem Betrachter erst beim genaueren Hinsehen auffällt. Weiterhin wird der Eindruck einer ganzen, lebenden Pflanze vermittelt. Und doch wirkt dieses Sezieren wie ein leiser Hinweis auf die botanische Intention der Abbildung.


Pfirsichroter Sommerapfel - Aquarell von Goerg Arends
 
Wir freuen uns außerordentlich über den Fund des Bildarchivs Georg Arends, der die Forschung zur wissenschaftlichen Pflanzendarstellung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts sicher beflügeln wird und hoffen, daß auch unsere Besucher an dieser Entdeckung ihre Freude haben werden.
 
Von der Heydt Museum
Turmhof 8
D-42103 Wuppertal
www.von-der-heydt-museum.de


Ein Wunder der Ästhetik

Nach der Vernissage morgen wird die zauberhafte Ausstellung  bis zum 2. Januar 2011 im Von der Heydt-Museum zu sehen sein.
Aus dem ungeheuren Reichtum des aus mehr als 1.000 Glasplatten-

Mohnblumen (Papaver nudicaule), 16. Juli 1925
Negativen und vielen aquarelliereten Skizzen bestehenden Archiv Arends Maubach wurden immerhin insgesamt 100 Motive ausgewählt, die Fotos vergrößert und
als beeindruckende Exponate mit einer Vielzahl von Original-Aquarellen in der 1. Etage des Museums zu einer prächtigen Ausstellung zusammengestellt.
Der Besucher bekommt einen Eindruck von dem ästhetischen Reiz, den die vor rund 120 Jahren hierzulande noch nahezu unbekannten und noch sehr kostspieligen Pflanzen aus Asien und dem Nahen Osten auf den Sammler und Züchter Georg Ardends ausgeübt haben - und man begreift, mit welcher Liebe und Sorgfalt er seine Schützlinge abgelichtet hat. Die erstaunliche Anzahl von rund 350 Züchtungen von vor allem Primeln, Astilben, Iris, Rhododendren und Steingarten-Pflanzen geht auf Ardens zurück, und heute ist trotz enormer Kriegszerstörungen, denen glücklicherweise auch die Glasplatten-Negative entgingen, noch etwa ein Drittel seiner Züchtungen vorhanden.
Die Qualität der 90 bis 120 Jahre alten Fotografien, darunter auch allererste Farbfotografie, ist bestechend. Allein schon deshalb haben Museum und Gärtnerei dieses kleine Wunder der Ästhetik in einer Edition von fünf Motiven in kleiner Auflage (2 x 5 arabisch/römisch numeriert) aufgelegt. Die großformatig geplotteten und sorgfältig gerahmten Einzelbilder sind im Museum und in der Gärtnerei Arends Maubach für je 250,- € zu erwerben.

Juwel der Pflanzenwelt


Tränende Herzen (Dielytra spectabilis), Ende Mai 1927
Museumsdirektor Dr. Gerhard Finckh setzt darauf, daß durch diese ungewöhnliche Präsentation die Stadt Wuppertal nicht unter der Glocke Schwebebahn/Engels/Bausch erstarrt, sondern daß bekannt wird, daß hier neben diesen "Marken" weit mehr kennenzulernen ist. Wuppertal (damals Ronsdorf, das 1929 eingemeindet wurde) als Tor zur (Planzen)Welt zu verstehen, käme der internationalen Bedeutung der bergischen Metropole durchaus zugute. Ist der städtische Botanische Garten schon eine Preziose, so kann man der Gärtnerei und Sammlung Arends Maubach den Rang eines Krunjuwels bescheinigen.

Vernissage am 22.8.

Morgen, Sonntag, 22. August wird die Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet, zu der ab 11.30 Uhr Dr. Gerhard Finckh, die Kuratorin Solveig Maria Schuppler und Anja Maubach, Nachfolgerin des Firmengründers Georg Arends sprechen werden. Danach ist die Ausstellung zu den üblichen Zeiten zu besichtigen.
Ein wirklich ausnehmend schöner, reich illustrierter Katalog von 116 Seiten, geb. m. Schutzumschlag, wird im Museum zum Preis von 15,- € angeboten.


Astilben-Strauß, o.J.

Von der Heydt Museum - Turmhof 8 - D-42103 Wuppertal
Weitere Informationen unter: 
www.von-der-heydt-museum.de
und  www.arends-maubach.de/