Jeder Mensch lacht (und niest) anders

von Hanns Dieter Hüsch

© André Poloczek / Archiv Musenblätter
Lachen und Niesen


Sagen Sie mal, haben Sie auch schon mal festegestellt, daß jeder Mensch anders lacht.  Zuerst will man das gar nicht glauben. Lachen ist lachen, denkt man immere. Ja, Pusteblume. Jeder Mensch ist anders. Da gibt es so viele Nuancen. Beim Weinen auch. Da ist auch jeder ganz individuell dran beteiligt. Ist ja auch logisch. Denn jeder hat wieder einen anderen Grund und ist auch anders gebaut. Man sagt ja auch, der hat aber nah am Wasser gebaut. Andere wieder weinen nur in der Wüste. Oder lachen nur, wenn sie einen in der Krone haben. Aber beim Lachen kommt alles aus dem vollen Hals. Und wenn man dann grad den Mund voll hat, dann ist vielleicht was los! Meine Frau hat mal über mich gelacht, so gelacht, daß mir der ganze Frühstückstisch entgegenkam. Ich meine, das kommt natürlich nicht jeden Tag vor. Die Menschen schnarchen ja auch völlig verschieden. Aber das habe ich schon erzählt. Aber was mir noch aufgefallen ist, sie niesen auch völlig verschieden. Einige niesen, als müßten sie den ganzen Amazonas mit anliegendem Urwald wegfegen. Und andere, die niesen wieder so ganz süß und niedlich. Und manche, die kommen gar nicht zum Niesen, die machen immer nur ha ha ha ha ha ha, und dann ist es vorbei. Und einige, deswegen bin ich draufgekommen, die unterdrücken das Niesen regelrecht. Wollen wir mal sagen, ob das nun regelrecht oder regelwidrig ist, weiß ich gar nicht. Aber da hört sich das Niesen so an: km km km km km. So ein Niesen habe ich zum ersten Mal bei meinem Onkel Heinrich gehört, nicht bei dem der Schneider war und im Sarg verwechselt worden ist. Der nieste wie ein Blasebalg und sagte immer“Das muß alles raus in die Natur.“ Nein, der andere Onkel Heinrich, der bei der Marine war in Tsingtau. Tsingtau, das klingt ja schon fast so, als ob einer niesen muß. Tsingtau war doch, glaub ich, ein deutsches Schutzgebiet. Mit Pacht oder so ähnlich, bei Wilhelm dem Zweiten, und mein Onkel Heinrich, der hatte auch so einen Schnurrbart wie Wilhelm der Zweite und konnte nur so niesen: Km km km km. Also, der hat alles runtergeschluckt. Der war als Matrose in Tsingtau, Kammerherr der Prinzessin Wilhelmina Augusta. Und da here er immer so geniest: km km km km... und hat einmal ein wertvolles Schmuckstück, das die Prinzessin wochenlang vermißt hatte, wiedergefunden. Und durfte es dann als Belohnung behalten. Und hat dann später die Wirtschaft „Der Kleine Reichstag“ übernommen, wo meine Mutter drin geboren worden ist, und da stand er immer hinter der Theke und hat geniest: Km km km km km... Ich meine, ich niese ja mehr wie Hatschi Halef Omar. Ich war ja auch noch nie in Tsingtau.
 


© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung