Der Tisch in der Kunst
Eine Ausstellung in der Ludwiggalerie
im Schloß Oberhausen und ein zugehöriger Bildband untersuchen die Rolle eines gerne als bloße Abstellfläche übersehenen Möbels „Zu[m] Tisch“ bittet die Ludwiggalerie im Schloß Oberhausen: Die Ikonographie des Tisches steht im Mittelpunkt einer Ausstellung mit Werken „von der Antike bis Picasso, von Dürer bis Demand“ im Wesentlichen aus der Sammlung des großen Mäzenen- und Sammlerpaars Irene und Peter Ludwig, ergänzt um Leihgaben einiger Museen und Galerien sowie aus Privatbesitz. Das Spannungsfeld reicht vom Altar als sakralem Tisch über den leeren (tabula rasa) und vollen respektive gedeckten (tabula plena) Tisch zum Arbeitstisch und Spieltisch – nicht so sehr die künstlerischen die Gestaltungsformen, sondern die Vielfalt der ikonographischen Bedeutungen steht im Fokus der Aussteller.
Auch vergleicht die Ausstellung nicht unterschiedliche Darstellungsweisen, sondern stellt Bedeutungs- und Assoziationsmomente exemplarisch an ausgesuchten Kunstwerken vor. Großartige Beispiele sind etwa die hyperrealistische Darstellung einer Bar von Ralph Goings („Unadilla Diner“, 1977), die sonst in St. Petersburg hängt ebenso wie die faszinierende „Madonna“ des Chilenen Claudio Bravo oder die raffiniert mit Wirklichkeit und Fiktion spielenden großformatigen Fotoarbeiten von Anett Stuth, Jahrgang 1965 (Leihgaben der Galerie Spöhrl in Mönchengladbach), um nur einige zu nennen. Und doch haftet der Ausstellung im Ganzen etwas Beliebiges an: Aus der Vielfalt der hier gezeigten Objekte erwächst kein Spannungszusammenhang. Eher bleibt ein Eindruck der Art „ach ja, das haben wir auch noch“.
Zum Glück gibt’s den im Kerber Verlag erschienenen exzellenten Katalog, der durch kluge Textbeiträge und geschickte Gegenüberstellungen die Assoziationen aufzeigt, die der Ausstellung selbst ein wenig abhanden gekommen sind. Da wirkt das edle alpenländische Besteck aus dem 19. Jahrhundert auf einmal ganz anders neben der Fotografie eines Tellers Makkaroni, die gerade von einer männlichen Hand auf die sehr schlichte Gabel aufgerollt werden (Irene Bayer, „Macaroni“, 1928). Dieser Band ist ein Gewinn, auch ohne die Ausstellung selbst gesehen zu haben – nicht zuletzt wegen des hübschen Bildes auf dem Einband (entsprechend dem Plakat zur Ausstellung), das Warhols Dosensuppe lässig in ein barockes Stillleben plaziert.
Die Ausstellung „Zu[m] Tisch! Meisterwerke aus der Sammlung Ludwig von der Antike bis Picasso, von Dürer bis Demand“ ist noch bis zum 12. September 2010 in der Ludwig Galerie im Schloß Oberhausen zu sehen.
Informationen zum Buch:
mit Textbeiträgen von Christine Vogt, Dagmar Preising und Marianne Flüeler-Grauwiler
Kerber Verlag Bielefeld, 264 Seiten mit 36 s/w- und 186 farbigen Abbildungen, Format 22 × 28 cm, gebunden, mit Schutzumschlag - ISBN 978-3-86678-425-3
39,80 € (SFR 61,80) (im Museum: 29,80 €
Weitere Informationen unter: www.kerberverlag.com
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