Allwetterzoo Münster

Ein Ausflugstip für die Sommerferien

von Erwin Grosche

© Pendragon Verlag
Allwetterzoo Münster
 
Der Allwetterzoo Münster heißt Allwetterzoo, weil dort die Tiere, egal, welches Wetter herrscht, immer überdacht stehen. Das ist in Ordnung, man muß es nur wissen, weil man sich dann anders anziehen kann. Ich dachte erst, daß diese Überdachung für alle gelten würde, damit der Schutz vor dem Regen gerechter verteilt wäre. Die Eintrittspreise sind nämlich schon gepfeffert, und wenn man sich überlegt, daß die Parkplatzbenutzung auch was kostet, daß in der Toilette eine Frau sitzt, die auch was für ihre Arbeit haben will, und Pommes, Cola und Eis total überteuert angeboten werden, aber trotzdem zu einem Familienausflug dazugehören, ist man schon verstimmt. Ich will damit sagen, daß unsere Laune nicht die beste war, als wir völlig durchnäßt im Eingangsbereich des Allwetterzoos standen. Die Fahrt nach Münster hatte außerdem sehr lange gedauert, weil vor uns ein Schweinetransporter sich breit machte und wir auf der Bundesstraße nicht überholen konnten. Ich hatte außerdem das Pech, nach dessen Abbiegen auf einer Strecke, auf der man nur 70 Kilometer pro Stunde fahren durfte, 90 gefahren zu sein, und war dabei geblitzt worden durch eine Überwachungskamera, die es auf der Strecke nach Münster schon mehrfach auf mich abgesehen hatte. Ich will damit nur sagen, daß unsere Laune wirklich nicht die beste war, als wir völlig durchnäßt im Eingangsbereich des Allwetterzoos Münster standen und diesen unglaublichen Eintrittspreis von 18 Mark pro Person bezahlen mußten. Ich rechnete alle Unkosten zusammen, die bisher angefallen waren, wobei ich das zu erwartende Strafmandat noch nicht mal berücksichtigte, und kam dabei für die Parkplatzbenutzung, die Toilettenbenutzung und ein erstes Eis für meine Tochter zusammen mit dem Eintrittspreis ratzfatz auf 73 Mark. „Für 73 Mark“, flüsterte meine Frau, „bekommt man doch schon ein Erdmännchen.“ Da hatte sie natürlich Recht, aber so etwas hebt nicht die Stimmung. Und dann waren die Tiere so abweisend. Die waren vielleicht abweisend, und wir hatten sogar was zum Essen dabei, aber das hat keinen Pavian beeindruckt. In einem Käfig sah man erst gar nicht, was da drin war. Da hing einfach so ein Dingsbums rum, in der hintersten Ecke, kaum zu sehen und unglaublich abweisend. Ich las dann, daß es dieses Dingsbums gar nicht mehr so oft geben würde, da dachte ich, dann darf es sich auch nicht wundern, Ich meine, wer will denn schon so einen Stinkstiefel um sich haben? Die Pinguine haben sich geweigert, uns zu bedienen. Die haben uns gesehen, aber die standen einfach in der Ecke rum und waren abweisend. Die Bären haben vor allen Dingen nur abweisend gestunken, O.k., ihr Käfig war ein bißchen klein, aber ich finde, das darf man nicht so eng sehen. Wenn die mein Büro sehen würden, in dem ich so meine Tage verbringe, dann wären die erstaunt, wie gut es ihnen geht. Und bin ich vielleicht abweisend? Wohl bemerkt, mich besucht keiner und bringt mir Essen mit. Und die Elefanten brauchen gar nicht so dicke zu tun. O.k., sie haben vier Kniegelenke, aber ich habe ein Doppelkinn und nehme kein Geld dafür, wenn es einer mal sehen will. Vor dem Papageienkäfig hat meine Frau gerufen: „Schau mal, ein Papagei!“, und der Papagei hat zurückgerufen: „Schau mal, ein Papagei!“, und ich dachte, warum gibt sich hier keiner ein wenig Mühe mit uns? Warum freut sich der Papagei nicht darüber, von uns entdeckt zu werden, und beleidigt stattdessen meine Frau? Vor dem Tigerkäfig habe ich dann meine Tochter gefragt: „Wie macht der Tiger? Wie macht der Tiger?“ Und meine Tochter hat „Uaaaah!“ gemacht und der Tiger ist vor lauter Schrecken weggelaufen. Da wußte ich, wenn ich mal wirkliche Wildheit erlebe: will, dann bleibe ich am besten zuhause. 



© 2001 Erwin Grosche
 ("Lob der Provinz")
Veröffentlichung in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung