„Morrison Hotel“

Ein Solo von Gilla Cremer

von Frank Becker

Foto © Gilla Cremer
Gilla Cremer
„Morrison Hotel“
 
Am 8. Dezember, also heute wäre James Douglas (Jim) Morrison 67 Jahre alt geworden (man bedenke!). Doch sein Leben war schnell, exzessiv und kurz. Am 3. Juli 1971 starb der legendäre Sänger der nicht weniger legendären Band „The Doors“, Pop-Idol bis auf den heutigen Tag, noch nicht 28-jährig in Paris. Letzte Fotos zeigen den schweren Alkoholiker und Acid- Konsumenten, einst ein schöner junger Mann und Sex-Symbol, aufgedunsen von Alkohol und Drogenmißbrauch. Dennoch entstand ein dauerhafter Kult um den Rock-Poeten, zu dessen Grab auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise am Todestag jedes Jahr Scharen von Jüngern und Verehrern pilgern.
 
Die Musik, von „Light My Fire“ (Debüt-Album „The Doors“) und „L.A. Woman“ bis zur letzten Single „Riders On The Storm“ ist unverzichtbarer Teil einer unerhört intensiven politischen und kulturellen Epoche, der knappen 10 Jahre von Anfang der 60er bis Anfang der 70er - ein Dezennium der Kinder von Marx und Coca-Cola, einem Erwachen zwischen Karl May und Vietnam-Krieg. In dieses Klima führt Gilla Cremer mit ihrem Solo-Stück „Morrison Hotel“, das – ausgesprochen intim und persönlich – eben dieses Kapitel aufschlägt, um mit ihm drei wahre Geschichten aufzuarbeiten. Es ist ein Stück über ungeklärte Identitäten, die Zweifel einer ganzen Generation, Reminiszenz an eine verlorene psychedelische Welt.
Gilla Cremer erzählt von ihrer eigenen, vom älteren Bruder beeinflußten Kindheit und Jugend, in der sie bei Demonstrationen „Solidarisieren, mitmarschieren!“, „Ho, Ho, Ho Chi Minh“ und „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ skandierte. Sie erzählt von ihrem Bruder Tom und seinem Propheten Jim Morrison. Der an der Welt irre wurde und durch einen Fenstersturz das Leben verlor. Und sie erzählt das Leben Morrisons. Das ganze verwebt sich im Kopf des Zuschauers zu einem verwirrenden und die Zeit-Ebenen verschiebenden Teppich aus Zitaten von Nietzsche, Kerouac, Morrison und Alexander dem Großen, aus Flower Power, Hippies, Springer, Generationen-Konflikt, Marihuana, LSD, wenigen kurzen Klängen der Doors und - Erinnerungen.
 
Es ist eine intime Abrechnung der während des Stücks trotz aller Vitalität gebrochen wirkenden, außergewöhnlichen und ungemein sympathischen Frau mit einer prägenden Zeit und ihrer Gesellschaft, ein Seiltanz über schroffem Abgrund, der nach 85 Minuten emotionaler Entäußerung viel Applaus bekam, aber nicht heiß unter die Haut ging. Zu privat? Vielleicht. Zuschauer wollen starke Anlehnungen an den Oliver Stone-Film über die Doors bemerkt haben. Dennoch: dieses gelungene Portrait des James Douglas Morrison macht auf jeden Fall neugierig auf weitere Soli von Gilla Cremer.
 
Weitere Informationen unter: www.gillacremer.de