"Glück" buchstabiert sich: R-o-m-e-r-o

Das Konzert des Sinfonieorchesters Wuppertal mit dem Gitarrenvirtuosen Pepe Romero wurde zum musikalischen Höhepunkt der Saison

von Frank Becker

"Glück" buchstabiert sich: R-o-m-e-r-o

Das Konzert des Sinfonieorchesters Wuppertal mit dem Gitarrenvirtuosen Pepe Romero wurde zum musikalischen Höhepunkt der Saison

Spanische Nacht

Toshiyuki Kamioka und sein hervorragend eingestelltes Sinfonieorchester Wuppertal taten alles - und mit Erfolg, um diesen schwülen Sommerabend zur spanischen Nacht zu machen. Die Auswahl der vorgestellten Stücke, der Gast-Solist Pepe Romero, sein klangvolles Instrument und ein paar Extra-Schmankerln taten das ihre. Das Konzert in der ausverkauften Wuppertaler Historischen Stadthalle wurde zum glänzenden Abschlußfest für eine erfolgreiche Saison. Auf dem Programm standen Claude Debussys  "Images pour Orchestre" Nr. 2  "Iberia", Joaquin Rodrigos "Concierto de Aranjuez", Alexis Emmanuel Chabriers "Rhapsodie España" F-Dur und Manuel de Fallas Suite Nr. 2 aus "El sombrero de tres picos".

Toshiyuki Kamioka - Foto © Antje Zeis-Loi


Ein Bilderbogen


Die  impressionistischen "Images" Debussys eröffneten den Reigen
farbig bewegt mit Kastagnetten und ¾-Takt, ein Zauber, den Toshiyuki Kamioka im 1. Satz mal tänzelnd, dann elegant schließlich mit wuchtigen Hieben angemessen inszenierte. Eine Ahnung, woher Ravel seine Inspiration für den "Bolero" bekommen haben könnte, kam auf. Der 2. Satz "Les parfums de la nuit" war Magie, die Bilder von schwer durftenden Blüten illustrierte, welche sich in nächtlichem Ritual öffnen - süßes piano der Celli, zartes Klagen der Oboe, Zeit für das Weben der Harfen... Musik, die schließlich mit Streicher-Tutti á la Boston Pops sanft zum Verlust des Zeitgefühls führen konnte.
Der Übergang zum 3. Satz "Le matin d´un jour de fête" kam nach dem Morgenläuten sacht. Mit geschlossenen Augen sieht und hört man ein Wuseln und Rufen und geschäftiges, fröhliches Durcheinanderlaufen, ein Ort erwacht zu emsigem Leben. Auftakt gelungen.

Zart wie ein Wunder

Zum brennnend erwarteten Hauptstück, dem "Concierto de Aranjuez" für Gitarre und Orchester von Joaquin Rodrigo, wurde ein Grandseigneur der spanischen Gitarre erwartet: Pepe Romero, ein Weltstar. Ein liebenswürdiger, völlig unprätentiöser freundlicher Herr mit breiter Uhrkette über dem gemütlichen Bauch betrat die Bühne - und nahm Ohren wie Herzen im (leisen) Sturm. So behutsam, wie er an der hervorragenden und fast nagelneuen Gitarre aus der Werkstatt Edmund Blöchinger (ein Klang, zart wie ein Wunder!) den 1. Satz "Allegro con spirito" eröffnete, ließ er ihn auch ausklingen. Kaum berührten die sensiblen Finger die Saiten, doch der brillante Klang füllte den atemlosen Saal bis in die entferntesten Ecken. Ein Traum!

Foto © Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette

Es folgte - wer kennt es nicht in -zig Fassungen - das legendäre "Adagio". Romero legte es ohne Schnörkel oder Schnickschnack an und tat ihm damit mit beinahe schwereloser Hand den besten Dienst. Pure Musik der Seele mit brillanter Begleitung eines sensiblen, inspirierten Streichorchesters in Höchstform und feinem Dialog der Gitarre mit
Susanne von Foerster am Englischhorn. Man spürte: hier erlebt man Weltklasse von Solist, Orchester und Dirigent, denn so zauberhaft hat sicher manch einer das sehr populäre und oft gespielte Stück noch nicht gehört.
Heiter, hell und aufgeräumt schloß das "Allegro gentile" mit noch einmal fabelhaften Läufen der Gitarre  und dezenter Begleitung des Orchesters. Als Zugabe, die schließlich auch die letzten Zuhörer zu stehenden Ovationen von den Sitzen riß, hatte Pepe Romero Francisco Tarregas "Recuerdos da la Alhambra" mitgebracht, die Toshiyuki Kamioka auf der Kante seines Pultes sitzend anhörte - "Glück" buchstabiert sich:  R-o-m-e-r-o.

Spanisches Finale

Die spanische Fortsetzung folgte nach der Pause mit dem Satz "Allegro con fuco" aus Alexis Emmanuel Chabriers
"Rhapsodie España" F-Dur, einem Ohrwurm, gespielt, als lausche man einem Rundfunk- Unterhaltungsorchester der 1. Kategorie aus guter alter Radio-Zeit. Orchester und Dirigent mögen das bitte als Kompliment werten, zeigt es doch die sinfonische Bandbreite und die technischen Möglichkeiten, über die dieser hervorragende Klangkörper verfügt. Manuel de Fallas Suite Nr. 2 aus "El sombrero de tres picos" mit seinem farbig-fröhlichen ersten Satz, in dem wieder das Englischhorn brillierte, dem dramatischen zweiten und dem virtuosen Getöse des dritten Satzes "Danza final", wie in Vorwegnahme Gershwinscher Harmonien, konnte jedoch trotz aller Größe und berechtigter Begeisterung des enthusiastischen Publikums nach Romeros Auftritt nur noch marginal erscheinen. Als Schmankerl packte das Orchester gut gelaunt noch zwei (!) Zugaben drauf und machte das Konzert mit der abschließenden "Carmen" zur Gassenhauer-Parade á la bonheur. Abermals stehende Ovationen für ein Ensemble der Güteklasse A und seinen charismatischen wie sympathischen Dirigenten.