Es liegt keine Hoffnung im Tod

Dirk Michael Häger und Stefan Otto spielen "Indien" von Josef Hader/Alfred Dorfer

von Frank Becker

Archiv Musenblätter
Schnitzel

Stefan Otto und Dirk Michael Häger überzeugen
auch zehn Jahre nach der ersten Aufführung


Regie: Hans Werner Otto - Choreographie: Bénédicte Billiet
Besetzung: Fellner (Stefan Otto) - Bösel (Dirk Michael Häger)


So vital und pointiert wie im Dezember 2000 zeigen sich Dirk Michael Häger und Stefan Otto auch zehn Jahre später in der Wiederaufnahme von Josef Haders und Alfred Dorfers Tragikomödie "Indien". Damals unter der in der Wuppertaler Theaterszene anerkannten Firmierung "neue wuTh" aufgeführt, wurde die bergische Adaption des Stoffes am vergangenen Wochenende mit einem Gastspiel an den Wuppertaler Bühnen im todgeweihten (!) Schauspielhaus an der Elberfelder Kluse zum beachtlichen Erfolg. Die längst von den damaligen Laien zu veritablen Theater-Profis gewachsenen Schauspieler zeigen noch einmal unter der bewährten Regie von Hans Werner Otto das bewegende Drama um die beiden Gasthaus-Kontrolleure Uwe Bösel (Dirk Michael Häger) und Jörg Fellner (Stefan Otto). Diese beiden ins Leben geworfenen und vom Leben enttäuschten Männer, die in einer Zwangsgemeinschaft als reisende Tester für den Katalog des Tourismus-Verbandes zwischen Velbert und Meinerzhagen unterwegs sind, erkennen bei Schnitzel und Kartoffelsalat die Ausweglosikgeit ihrer Existenz - und setzen ihr eine zunächst unmöglich erscheinende Freundschaft entgegen.

Dem moderatem Feingeist Fellner, von der Freundin betrogen und in exotischen Träumen Halt suchend und dem desillusionierten, derben und von der Ehe verbitterten Bösel wird schließlich sogar der Gewinn der zarten Männerfreundschaft genommen, die zwar äußerlich polternd, aber doch ganz leise in dieser teils recht groben Groteske entsteht. Als sie erkennen, daß sie, so unterschiedlich sie auch sind, gut miteinander auskommen können, erkrankt
Fellner an Krebs und stirbt wenig später in Bösels Armen. Stefan Otto und Dirk Michael Häger vermitteln Fellners vordergründig überlegene Heiterkeit und Bösels hinter aller Grobheit dann doch tiefe Rührung bewegend als Selbstschutz und geben dem Mitgefühl für zwei gequälte Seelen Raum. Mit einer Raga und einem Weißbier (hier kommt als Kellner kurz Regisseur Hans Werner Otto ins Bild) beginnt das sehr intime Kammerspiel, mit einer Raga und dem unerbittlichen Moment des Sterbens endet es. Dazwischen keimt in beiden die tragische Erkenntnis allein zu sein. Es liegt keine Hoffnung im Tod.

Was in dem legendären Film von den Autoren Josef Hader und Alfred Dorfer verkörpert wird, leben (und sterben) Dirk Michael Häger und Stefan Otto hier auf der Bühne in gleich hoher Qualität. So kann und muß Theater sein - es soll uns mitnehmen. Ein Jammer, daß das (s.o.) quasi als ein Abgesang auf das traditionsreiche Wuppertaler Theater mit einer der letzten Veneigungen vor dem denkmalgeschützten Elberfelder Schauspielhaus in der kargen Atmosphäre von dessen mühsam am Leben erhaltenen Foyer stattfindet. Oder sollte da doch noch Hoffnung sein?


v. l. Dirk Michael Häger, Stefan Otto - Foto © 2000 Jochen Viehoff - Archiv Musenblätter

Angesichts solcher brillanter Leistungen - ich verweise ausdrücklich auch auf die "Caligula"- Premiere vom vergangenen Donnerstag - sollte sich jeder städtische Verantwortliche für die Wuppertaler Kultur sein Votum für die anstehende "Umnutzung" dieses wunderschönen Theaterhauses ordentlich überlegen. Wenn eine Stadt abgewirtschaftet hat, sollte das zuletzt die Kultur treffen. Nur die nämlich ist in der Lage, auch in Krisenzeiten den Bürgern Perspektiven zu bieten.

Weitere Termine von "Indien "
:
18.02.2011, 20:00 Uhr und 19.02.2011, 20:00 Uhr |
Zusätzliche Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de