Höherer Blödsinn auf dem Boden dialektischer Phonetik

Konrad Beikirchers 11. Teil der "Rheinischen Trilogie" führt amüsant durch den deutschen Sprachraum, das Pustertal eingeschlossen

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
"Schön ist es auch anderswo"
 
Konrad Beikirchers 11. Teil der
"Rheinischen Trilogie"
führt amüsant durch
den deutschen Sprachraum,
das Pustertal eingeschlossen
 
Volles Haus und gute Laune – wie auch anders, wenn Konrad Beikircher im Rheinisch-Bergischen Sprachraum zu Gast ist. Mit seinem neuen Programm "Schön ist es auch anderswo", frei zitiert nach Wilhelm Busch, entführt er in die Höhen und zum Vergnügen des Publikums auch in die Labyrinthe und Niederungen der deutschen Sprache, bzw. das, was sich kühn dafür hält. Denken wir dabei ("nemme mer mal en Beispiel") nur ans Fränkische, Sächsische, Hessische und nicht zu vergessen den Pustertaler Zungenschlag, dessen Grammatik Beikircher in einem Exkurs tränentreibend und zungenbrecherisch vorstellt – z.B. den Pustertaler Präsens Konjunktiv II. "Und wo Sie jrad sagen: Bergisch. Dat klingt doch wie Kölsch mit Wollsocken." Konrad Beikircher triffts auf den Punkt.
 
Höherer Blödsinn auf dem Boden dialektischer Phonetik

Es ist, sagen wir es frei heraus, höherer Blödsinn auf dem soliden Boden dialektischer Phonetik, bei dem der im Brunecker Stegerweg dreisprachig aufgewachsene und Jahrzehnte später vom Rheinland adoptierte Sprachkünstler Beikircher manch raffinierten Haken schlägt. Mit Schalk und Augenzwinkern verläßt er in gekonnter Ab- und Ausschweifung gerne den eingeschlagenen Weg, jongliert auf seiner intelligenten Sprachreise mit Sätzen, Silben und gewagten historischen Fakten – und kommt stets wieder zurück zum Thema und zum geliebten Rheinischen. Ein Plauderer vom Rang eines Anton Kuh und Meister im Extemporieren und Improvisieren, hat er nämlich dort seine Heimat gefunden, regional wie verbal.
 
Typologie des Niesens

Wir lernen dank Beikirchers Beobachtung die Rheinizismen in der Hochsprache Heinrich Heines "Düsseldorfer, jot" kennen – als Beispiele führt er aus der Loreley die Formulierung "...und singt ein Lied dabei" und das Sprachparadoxon: "...es kommt (kütt) mir nicht aus dem Sinn". Der Rheinische Ich-Bezug hinsichtlich fremder Leistungen "Also ich könnt dat nit" ist ein wichtiger Faktor des rheinischen Selbstverständnisses, und dank genauer akustisch-phonetisch-mimischer Wiedergabe die Typologie des Niesens bekommen wir auch dazu eine fundierte Lehrstunde. Erschütternd. Wörtlich zu nehmen. Und wenn Konrad Beikircher die Variationen des Wortes "Ei" vom Hanseatischen Anknack-Apostroph über das Hesselbachsche Hessisch und das bayrische "Oa" bis zum vokalfreien Wrtmbrgschn aufdröselt, bleibt ebenfalls kein Zwerchfell unerschüttert. Es ist kaum zu fassen, wie unterschiedlich die beiden Vokale zusammenhängend artikuliert werden können. Mein Favorit: das weiche Schwäbisch, das so sympathisch nach Willy Reichert klingt.
 
Kölscher Klüngel

Anekdoten aus der Pädagogik der JVA Siegburg, in der Beikircher lange als "Zyschologe" tätig war, Geschichten vom Tischler Schlösser und der Pubertät: "...dazu kann ich nix sagen – dat wor bei unser Schantall an einem Donnerstagnachmittag, und da wor ich nit ze Hus", über den im Grunde schreckfreien Rheinländer und den Kölschen Klüngel (= Cosa Nostra) füllen wie nix die gut zweimal zwei Stunden. Was bleibt und mit nach Hause genommen wird, ist homerisches Gelächter und die Rheinische Zuversicht, die ebenso tröstet wie der Normale Glauben. "Und mit dem Papst hätt dat nix ze donn!" Und was noch? Die Einsicht, daß die Trilogie Potential für einen 12. Teil hat.
 
 
Weitere Informationen unter: www.beikircher.de