Märchenhaft schön

Prokofjews Ballett "Cinderella" als "Aschenbrödel" in Hof

von Alexander Hauer
Märchenhaft schön
 
Aschenbrödel in Hof
 
 
Die Erwartungen waren hochgesteckt und wurden gänzlich erfüllt. Spätestens seit seinem „All you need is Dance“–Abend klingen beim Namen Ricardo Fernando in Hof die Ohren. Nach längerer Zeit gibt es in Hof nun auch ein Handlungsballett, das Barbara Busers Truppe vor vielfältige Aufgaben stellte.
Prokofjews „Cinderella“, im Hof schön mit dem Brüder Grimm-Märchentitel  „Aschenbrödel“ versehen, gehört wohl zu den bedeutendsten Balletten des 20. Jahrhunderts.

Foto © SFF Fotodesign Hof


Arn Goerke leitete die Hofer Symphoniker erwartungsgemäß in einer CD-reifen Interpretation. Symphonisch-romantisches wurde genauso gefühlvoll erarbeitet, wie auch die jazzigen Klänge des 20er Jahre. In voller Einklang mit dem Bühnengeschehen führte er durch den (insgesamt viel zu kurzen) Abend.
Heiko Mönnich zitiert mit seiner Ausstattung sowohl das 19. als auch das frühe 20 Jahrhundert. Expressionistischer deutscher Stummfilm im Hause von Aschenbrödel, überschwengliche, romantische Rosenpracht im Palast des Prinzen wird eingerahmt von bei William Morris entlehnten Deko-Elementen. Seine Kostüme sind, den Anforderungen des Balletts entsprechend, farblich von einer unerwarteten Grandezza und den Figuren auf den Charakter zugeschnitten.
Ricardo Fernando folgt in seiner Aschenbrödelstudie im Großen und Ganzen den verschiedenen Quellen des bekannten Märchenstoffes, natürlich werden hier keine Zehen und Fersen abgehackt, auch picken die Tauben den Stiefschwestern keine Augen aus. Aber wie es sich für ein Märchen gehört, das Gute siegt und das Böse kann am Ende verlacht werden. Ganz nach Prokofjews Wunsch erzählt Fernando aber auch die zarte Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich ihr Glück erkämpfen müssen.

Ayana Kamemoto  tanzt dieses Aschenbrödel auf sehr bewegende Art. Von der unterdrückten Magd zum strahlenden Stern eines Hofballs gelingt ihr diese Wandlung auf das Vortrefflichste. An ihrer Seite glänzt Norbert Lukaszewski als Prinz, kraftvoll und zärtlich zugleich. Diese beiden verschmelzen zu einem Paar, das sich scheinbar schwerelos der Musik Prokofjews hingibt.
Aber jedes Märchen braucht auch ein Böses, denn das Gute kann nur dann wirken, wenn es gefordert wird. Im Aschenbrödel sind die Stiefmutter und die beiden Stiefschwestern die Kanaillen.  Antonio Di Carmine und Mariusz Czochrowski tanzen die beiden Schwestern, und führen damit die klassische Ballett-Tradition ad absurdum. Rauh und ungelenk, bar jeder Eleganz, führen sie die beiden Trampel vor. Die Komik, die sie ausstrahlen, zeugt von sehr hartem Training, denn man muß verdammt gut tanzen können, damit es glaubhaft schlecht wirkt. Yana Andersson vervollständigt das Trio Infernale

Foto © SFF Fotodesign Hof
als böse Stiefmutter. Die Stutenbissigkeit dieser drei „Damen“, das verkrampfte „Vornehmtun“, die Bösartigkeiten gegenüber Aschenbrödel und auch untereinander boten einen vergnüglichen Kontrast zu der hingebungsvollen zarten Liebe des zentralen Paares.

Eriko Koshida tanzte eine berückende Bettlerfee, die genau wie der Rest des hervorragend studierten Ensembles wieder einmal bewies, wie leistungsfähig deutsche Landestheater sind, wenn sie in ihren Möglichkeiten durch Sparmaßnahmen kurzsichtiger Politiker nicht eingeschränkt werden. Und wie Aschenbrödels Ballnacht endete der Abend in Hof auch viel zu früh unter frenetischem Beifall für alle Beteiligten: Tänzer, Choreograph, Ausstattung und für das Orchester.
 
Weitere Informationen unter: www.theater-hof.de
 
Redaktion: Frank Becker