Das Leben kann so grausam sein

Jochen Rausch - "Trieb / 13 Storys"

von Jürgen Kasten
Trieb / 13 Storys
Jochen Rausch
 
Wer abergläubisch ist, sieht die „13“ als Unglückszahl. Wer Jochen Rausch kennt, dem ist das egal, der sieht nur die Geschichten, und die haben es in sich. Am 16. März 2011 las und erzählte Jochen Rausch in seiner Heimatstadt Wuppertal in der VillaMedia, als Auftaktveranstaltung zu seiner Lesereise. Es war eine Veranstaltung des „Forum Maximum“, das sein Engagement im Barmer Bahnhof aufkündigte und nun regelmäßig verschiedene andere Kulturstätten bespielt.
Jochen Rausch ist Medienmensch, zur Zeit Chef des WDR-Senders 1Live. Also präsentierte er eine Multimediaschau mit Detlef Cremer an der Gitarre, zu den Storys passende kleine Videos/Dias, die von der Gruppe Photoplatenius produziert wurden, das ganze in angenehmen Ambiente und mit einem erwartungsfrohen Publikum.
Sein Gitarrist habe ihm geraten, nicht die „harten Sachen“ vorzutragen, lächelte Rausch ins Mikrophon. Trotzdem lese er hier jetzt eben genau diese.
 
Sie sind ja auch die Essenz seiner Geschichten: Beziehungskatastrophen. „Lovestorys“ habe er seinen Erzählband ursprünglich nennen wollen. Sind sie ja auch im weitesten Sinne. Aber sie zeigen die dunkle Seite der Beziehungskonflikte. Es geht um Sex, Gewalt, leidenschaftliche Liebe und brutale Ausraster. Jochen Rausch legt die menschliche Seele blank. In der Art eines Charles Bukowski oder Jörg Fauser schildert er schonungslos die Triebe, die einen Menschen zum Mörder werden lassen. Nicht die eigentliche Tat steht im Vordergrund, sondern die Geschichte davor. Das habe ihn schon immer mehr interessiert, als die Tat als solche, erzählt Rausch. Doch in seiner Zeit als Gerichtsreporter wollten seine Redakteure davon nichts wissen. Nun habe er das Gehörte und Erlebte eben auf seine Weise verarbeitet.
 
Wie zum Beispiel die Geschichte des Jürgen Tschiedel: Von seiner betagten Nachbarin lieh er sich ständig Geld, um es unverzüglich in der Kneipe nebenan zu versaufen. Ans Zurückzahlen dachte er nie. Er dachte überhaupt sehr wenig. Als die Nachbarin ihm eines Tages weiteres Geld verweigerte, schlug er sie einfach tot, nahm sich die paar Euro und ging in die Kneipe.
„Gleis 2“ führt uns in die verworrene Gedankenwelt des jungen Mika, einem Rußlanddeutschen, weder in der einen, noch der anderen Kultur richtig heimisch. Sein Frust läßt ihn ausrasten und so wird auch er zum Mörder.
13 schonungslos harte Kurzgeschichten gescheiterter Existenzen mit realem Hintergrund. Das Leben kann so grausam sein. Die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimmen. Doch Jochen Rausch läßt kein Mitleid aufkommen. Seine realistische Erzählweise verstört und fasziniert gleichermaßen. Ein ungewöhnlich starker Erzählband ist ihm hier gelungen, den er diese Tage auf der Leipziger Buchmesse vorstellt und mit dem er sodann auf weitere Lesereise geht.
 
Jochen Rausch - Trieb / 13 Storys

Jochen Rausch - Foto © Thomas Hendrich
© März 2011 Berlin Verlag GmbH, Berlin
206 Seiten Gebunden mit Schutzumschlag, ISBN: 978-3-8270-1025-4
€ 18,90 (D), € 19,50 (A)
 
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