"Gegen die Wand"

Emilia Haag beeindruckt im Rheinischen Landestheater Neuss

von Andreas Rehnolt
"Gegen die Wand"
im Rheinischen Landestheater Neuss
 
Wüst, laut und latent aggressiv geht's zu in der Neusser Version des Stücks "Gegen die Wand" nach dem gleichnamigen Film von Fatih Akin. Die allesamt überzeugenden jungen Schauspieler hatten sichtbar Spaß daran, sich über gute 90 Minuten auf der Bühne des Rheinischen Landestheaters auszutoben. Die von Ester Hattenbach wie ein schwarzer Tunnel gestaltete Bühne, die bis auf ein paar Bierkästen und Stühle leer bleibt, ist mal Bar, mal türkisches Wohnzimmer oder Krankenhaus und in Hamburg angesiedelt. Hattenbach, die auch Regie führt, schafft so eine meist kalte, unpersönliche Atmosphäre, in der die Darsteller umso mehr Hitze, Wut und Leidenschaft spielen.
 
Es geht in dem Stück um eine Liebe, die keine sein will und dann schließlich doch eine wird. Die 20-jährige Sibel (hervorragend Emilia Haag) drängt es raus aus ihrer Familie und rein ins wüst-wilde Leben. Das schafft sie als Tochter türkischer Eltern alleine nicht, sie braucht dafür eine Scheinehe mit dem fast stets betrunkenen und lebenskranken Cahit (Michael Putschli). Etwas viel Klischee steckt in der Szene, in der Cahit mit einem Freund Sibels Vater und ihrem Bruder seine Aufwartung macht und um ihre Hand anhält. Tee macht die Runde, ein bißchen Türkisch wird gebrabbelt, schon steckt die Braut im weißen Hochzeitskleid und Cahit lädt sie eher widerwillig in seiner Wohnung ab. 
 
Das aus dieser Allianz des Kalküls - Cahit bekommt eine kochende und putzende Frau an seine Seite - dann doch Liebe wird, ist reizvoll, erschließt sich in der Bühnenversion allerdings kaum wirklich. Die Blicke, die Cahit den wechselnden Liebhabern von Sibel hinterherschleudert und eine kurze, fast innige Berührung der beiden, mehr ist nicht. Und doch muß unterschwellig viel mehr da sein. Denn Cahit schlägt einen Liebhaber von Sibel so hart auf die Bretter, daß der stirbt. Cahit kommt ins Gefängnis, Sibel reist nach Istanbul.
 
Das geht flott, vielleicht zu flott in der Neusser Variante von "Gegen die Wand". Und schon sind auch drei Jahre Knast vorbei und Cahit sucht in der Stadt am Bosporus nach Sibel. Ein Happy End gibt's nicht für die beiden. Sibel ist inzwischen mit kleiner Tochter und türkischem Ehemann ins gutbürgerliche türkische Leben abgedriftet und geht nicht auf sein Angebot ein, mit Cahit irgendwo noch mal von vorne anzufangen. Am Premierenabend im vollbesetzten großen Haus des Neusser Theaters gab´s reichlich Applaus für Ensemble und Regie.
 
Die nächsten Vorstellungen sind am: 7. April sowie am 2., 17. und 18. Mai jeweils um 20.00 Uhr.

Weitere Informationen:  www.rlt-neuss.de