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Die Kolumne am Mittwoch

von Friederike Zelesko
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Die Kolumne am Mittwoch
von  Friederike Zelesko


Schon als er klein war, kaufte ihm meine Mutter eine lange, eiserne Kette, Sie machte ihm eine Hütte aus Holz. Sie bereitete ihm ein Bett aus Stroh und ich legte mich vor die Hütte und schaute hinein. Ich freute mich, daß er es bequem hatte, brachte ihm jeden Tag Futter und Wasser und befahl ihm: Friß!
             Ich konnte seine Zähne sehen, wie er die Knochen zerbiß oder am fetten Fleisch würgte. Seine Nackenhaare stellten sich auf. In seinen Augen sah ich das Weiße. Er fraß alles, manchmal auch Gras, das neben der Hütte in einem mageren Büschel wuchs. Meine Mutter sagte dann, es wird regnen. Und es regnete. Er kroch in seine Hütte. Er wurde nicht naß und es war warm. Das Dach besaß einen Vorsprung. Er sah am Vorsprung den eisernen Ring, die durchgezogene Kette. Der Regen tropfte vom Vorsprung. PLATSCH. Sein Auge zuckte nach jedem PLATSCH und die Ohren stellte sich auf.
            In der runden Öffnung des Holzes, die schwierig zu sägen war und meine Mutter große Mühe gekostet hatte, lag sein Kopf wie in einem Schoß. Mein Kopf lag oft im Schoß der Mutter. Es war weich und die Schürze roch nach Teig. Ich sah das Gesicht über mir lächeln. Um die Hals trug die Mutter eine kurze, goldene Kette.



© Friederike Zelesko