Nachgefragt

...was macht eigentlich...

von Karla Schneider

Karla Schneider - Foto © Frank Becker

Nachgefragt


 Unsere Rubrik: .. Was macht eigentlich. . . "



... Konrad der Daumenlutscher?

Konrad hat mit fünfzehn seine Mama mit einer Schere erstochen und ist inzwischen Leiter einer Lehrwerkstatt für straffällig gewordene Behinderte.

Außerdem ist er aktiv als Vorkämpfer für die Freiheit oraler Befriedigung. Von ihm organisierte Demos mit Sprechchören "Mein Daumen gehört mir!" wurden inzwischen weltweit aufgegriffen.

... der böse Friederich?

Friederich hat in vorgerücktem Alter Brigitte Bardot geheiratet und kämpft an ihrer Seite für die Erhaltung der Gattungen Musca domestica, Stomyxos und Homalomya canicularis.

Des Weiteren hat er ein Heim zur Aufbewahrung alter und wackeliger Stühle gegründet und das Notruftelefon für Hunde entwickelt.

... der Suppenkaspar?

Der Suppenkaspar gehört zu den unzähligen Totgesagten, denen, so der Volksmund, nun gerade ein langes Leben blüht. Seinerzeit durch Salmiakdämpfe aus dem Koma zurückgeholt, war er - Wunder über Wunder - von seiner anorektischen Periode genesen. Binnen kurzem hatte er sein altes Gewicht wiedererlangt.

Später verschlug es ihn hinter die Kulissen der Politik. Dank seiner angeborenen Neigung zur Kugelrundheit und Sturheit agierte er als das Double eines süddeutschen Ministerpräsidenten bis zu dessen Ableben. Heute ist er Besitzer einer Kette von Instant Soup-Go in's und Erfinder des Slogans "KASPAR-Suppen wecken Tote auf".

... der Zappelphilipp?

Nach Abschluss der Hauptschule wurde Philipp zuerst Tierpfleger. Dank seiner außerordentlichen Motorik konnte er z.B. Schimpansen im Schaukelrhythmus füttern. Am wenigsten mochte er die Eisbären. Deren stumm glotzendes Kopfpendeln erinnerte ihn ständig an etwas, das er lieber verdrängen wollte.

Später machte er eine Umschulung zum Kaskadeur. Abend für Abend fällt er seitdem mitsamt Tisch und Stuhl, Vater und Mutter, Bestecken und Geschirr kopfüber von einem kleinen Plateau dicht unter der Zirkuskuppel in die Manege hinunter. Und das ohne auch nur ein Tellerchen zu zerbrechen oder eine Bandscheibe vorfallen zu lassen.

... Hans Guck-in-die-Luft?

Hans ist beschäftigungsloser Nicht-Sesshafter und sitzt tagsüber mit Vorliebe am betonierten Flussgestade. Manchmal fällt ihm ein Zeitungsausschnitt über das Fischsterben in die Hände; das erfüllt ihn mit Genugtuung. Dann ist er es, der lacht. Und wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten.

Gelegentlich malt er mit Kreide Bilder von Kumuluswolken in der Fußgängerzone auf den Asphalt. Einmal pro Woche sucht er das städtische Fundbüro auf. Er hofft noch immer, ein ehrlicher Finder würde eines Tags seine ins Wasser gefallene Schulmappe abgeben.

... der fliegende Robert?

Aus Robert ist ein populärer "Wetterfrosch" des staatlichen Fernsehens geworden. Zuschauerbriefe, die sich über den euphorisch-sadistischen Tonfall seiner Rede beschweren, wenn er, wie meist, ausgedehnte Tiefs ansagt oder über Häufigkeit und Stärke überseeischer Hurrikans berichtet, sind zwar im Recht, können indes seiner Popularität nichts anhaben.

Um auszuspannen, reist er in die Problemzonen des Weltklimas und lässt sich, an einem Helikopter hängend, durch die Gewitter der Anden oder die Taifune Indonesiens fliegen.

... Paulinchen mit dem Feuerzeug?

N ach ihrer sensationellen Hauttransplantation begann Paulinchen bei der Feuerbestattung zu arbeiten. Zu ihrem Dienstjubiläum vor zehn Jahren verehrte ihr die Firma einen goldenen Bunsenbrenner mit Laser-Zündung. Sie ist die wahrhaft Glückliche von allen.

An die zwei Jahre ihrer Zugehörigkeit zu einer pyromanischen Terroristengruppe, als ihr Steckbrief weltweit auf Flughäfen, Bahnhöfen, Polizeistationen und Postämtern klebte, wird sie nicht gern erinnert.

... der Struwwelpeter?

Peter fand zunächst ein Engagement bei den Oberammergauer Festspielen. Als Maria Magdalena. Dort wurde er dann als Model für Shampoos und Nagelstudios entdeckt. Vorübergehend dachte er sogar an einen Einstieg ins Showgeschäft als weiße Tina Turner. Zur Zeit prozessiert er gegen Bill Kaulitz; er fühlt sich imitiert und möchte an den Einnahmen beteiligt werden.


© Karla Schneider - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007


Informationen zum Struwwelpeter: www.diogenes.ch  und www.musenblaetter.de