Reisen

von Joachim Klinger
Reisen
 
Sehnsucht zieht dich in die Fremde,
Sehnsucht treibt dich wieder heim.
Dieses Wechselspiel des Suchens -
mach dir darauf einen Reim!
 
Schon die fernen Horizonte,
wo dein Herz das Neue fühlt,
wo das Meer mit kleinen Wellen
deinen müden Fuß umspült!
 
Weiße Hauser, weiße Türme,
auf dem Platz die Taubenschar.
Frauen gehen tief verschleiert,
ab und an ein Augenpaar.
 
Abends Rast an einem Brunnen,
fern die fremde Melodie,
nah die Rufe eines Jungen,
und der Himmel - groß wie nie!
 
Angetan mit Mond und Sternen,
tausendfach geschmückt und reich.
Leise sagt dir eine Stimme:
diese Nacht ist keiner gleich.
 
Bleibe, bleibe viele Wochen!
Dann besteigst du einen Zug,
und dieselbe Stimme flüstert:
Heimwarts nun! Es ist genug.
 
Und es wächst in dir ein Sehnen
nach dem Baum vor deinem Haus,
nach dem Bach und seiner Brücke,
nach dem Bild mit Rosenstrauß.
 
Warm umfängt dich ein Willkommen.
Jeder Weg ist dir vertraut,
auch der Nachbar, der am Fenster
in den Abendhimmel schaut.
 
Aus dem Garten stromt die Kühle
und ein Duft von wildem Kraut.
Morgen früh erglühen Blüten,
und der Rasen glänzt betaut.
 
Blickst du nachts in deinen Träumen
in ein fremdes Augenpaar,
weißt du: wieder wirst du reisen,
bald schon oder nächstes Jahr.
 
 
Joachim Klinger

 

 © Joachim Klinger 2011