Große Liebe und der Duft der Welt

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Große Liebe
und der Duft der Welt


3. Juli: In der Bäckerei Strunz wurde ein Weltmeisterbrot gebacken. Das ist ein schöner Beitrag, um die Frauenweltmeisterschaft auch geschmacklich zu begleiten. Ich frage mich nur, wie ein Weltmeisterbrot schmecken soll, wenn man noch gar nicht weiß, wer Weltmeister wird? He Bäcker Strunz, abgerechnet wird zum Schluß. Sicherlich müßte ein Weltmeisterschaftsbrot anders schmecken, wenn Japan Weltmeister würde anstatt Brasilien. Das vorgezogene Weltmeisterbrot schmeckte ein wenig so, als wären sich alle sicher, daß Deutschland Weltmeister würde. Machen wir uns aber nichts vor. Im Grunde  ist das jetzige Weltmeisterbrot einfach nur ein Roggenmischbrot, dem man den Namen Weltmeisterbrot gegeben hat. Das hätte man besser planen können. Ich könnte mir vorstellen, daß man ein Krustenbrot in das Birgit Prinz Brot umtaufen könnte. Das würde ihr Auftrieb geben. Wenn die brasilianischen Frauen Weltmeister werden würden, könnte man zum Titelgewinn ein dunkles Brot backen und in die Weltmeisterbackware Peperonistücke einbauen.  
 
7. Juli: Letzte Woche traf ich die größte Liebe meines Lebens. Da habe ich gesagt: „Da bist du ja. Ich habe ein Leben lang auf dich gewartet.“ Sie hatte rote Haare und eigentlich war sie gar nicht mein Typ, aber bei der größten Liebe eines Lebens darf man nicht zu wählerisch sein. Ich dachte nur, hoffentlich ist sie keine Lehrerin und hat einen großen Hund. „Wegen dir habe ich Baß spielen gelernt“, sagte ich. „Ich habe einen Töpferkursus besucht und bin einmal um die Welt gefahren. Um dich kennenzulernen habe ich das Rauchen angefangen und war samstags tanzen in dunklen Räumen. Konntest du mir das nicht ersparen?“ Sie schaute mich einfach nur an und drückte mir das Strafmandat hinter den Scheibenwischer. So kann Gott auch sein.
 
9. Juli: Wenn die Welt im Großen so wäre, wie der Freizeitpark Bad Wünnenberg versucht, es im Kleinen anzudeuten, hätte ich mich längst erschossen. Sicher versucht die Gemeinde Wünnenberg ihre Gäste durch liebliche Ansichten und packende Freizeitangebote zu erfreuen. Ich frage mich nur, ob eine Wiese mit stinkenden Ziegen, die man füttern darf, wirklich erfreut und vom grauen Alltag ablenken kann? Hier wird eine Welt gezeigt, die in ihrer Harmlosigkeit nur am Sonntag zu ertragen ist. Natürlich ist es schön, kuhäugige Rehe zu füttern und den Watschelenten beim Schwimmen über dem See zuzuschauen. Sicher, ein Barfußpfad beschäftigt und tut den Füßen gut, aber ein paar Ecken und Kanten können auch hier nicht schaden. Als bei meinem Besuch dem Griller die ersten Würstchen angekokelt sind, konnte ich ein wenig den Duft der wahren Welt entdecken, zumal er versucht hat, mir diese schwarzen Teufel anzudrehen. Danke.



© Erwin Grosche - für die Musenblätter 2011
Redaktion: Frank Becker