Abrechnung mit der Kirche der Männer

Ingo Appelt - „Frauen sind Göttinnen“

von Sabine Kaufmann
Halleluja!

Ich bekenne: eigentlich habe ich Ingo Appelt nie recht leiden mögen, zu platt waren mir seine Witze, zu frauenfeindlich und zu nahe an der Gosse. Nun aber habe ich mich alleine des Programm-Titels und der wunderbar frechen Michelangelo-inspirierten Cover-Gestaltung
wegen breitschlagen lassen, sein neues Programm "Frauen sind Göttinnen" anzuhören, das es jetzt auf CD gibt. Denn aus dem Munde eines solchen Macho endlich einmal den wahren Status der Frau bekannt zu bekommen, ist schon der Mühe wert.

Appelt hat eine (kleine) Kehrtwende gemacht, indem er einmal nicht sofort die Männerwelt auf seine Seite zieht, sondern augenzwinkernd und plakativ erst mal sein weibliches Publikum einbindet. Die Live-Aufzeichnung aus dem Kölner Gloria Theater zeigt: die Frauen springen darauf an. Allerdings erscheint mir ein mitgeschnittener Vorschuß-Applaus von einer geschlagenen Minute eindeutig übertrieben. Aber: wer möchte nicht ein ums andere Mal die Bestätigung bekommen, die Krone der Schöpfung zu sein? Da gehen wir Frauen gerne mit. Appelt macht das mit Witz und läßt stets durchschimmern, daß er zwar die Damenwelt verehrt, sie aber ebenso und wie stets auf die Schippe nimmt, auch wenn er zum Schein nur über die Kerle herfällt. Die, weil sie wohl doch ein bißchen blöd sind, fallen auch prompt darauf rein.

"Ein Hochamt für die Frau - und Ihr habt es verdient" - Ingo Appelt schleimt sich ein, indem er den Frauenversteher gibt, und scheinbar den "Ficken-Erzähler" ablegt. Aber eben nur zum Schein. Denn das berüchtigte "F-Wort" kommt doch wieder zum Zuge, nur ein wenig anders verpackt. Aber das macht Appelt mit eindeutigen Stellungnahmen wett, indem er z.B. die skandalöse Frauenfeindlichkeit der großen Weltreligionen bemängelt, wir hören es ja täglich in den Nachrichten, ob von Katholiken, Moslems oder orthodoxen Juden. Die jahrtausendelange Unterdrückung der Frauen durch die Religionen muß auch mal in der Comedy zur Sprache kommen. Und Appelt räumt mit diesen vermufften, verklemmten kirchlichen Würdenträgern, ob im Talar oder Kaftan, mit Kippa oder Turban ordentlich auf. "Wenn wir den Frauen das Lesen beibringen, ist es mit uns aus." Deshalb haben sie sich alle einen Gott, Jahwe oder Allah nach ihrem Bild geschaffen, einen männlichen nämlich. Mit Bart.

Diese Sorge aller Kirchen hat sich bewahrheitet. Jetzt können Frauen lesen - und mit den Kerls sieht es schlecht aus. "Gott ist nichts anderes als ein Karl Theodor zu Guttenberg der Weltreligionen", sagt Appelt - er hat sein Buch, die Bibel, den Koran oder was auch immer nicht selbst geschrieben. Er hat es schreiben lassen. Von anderen. Von Männern. Behaupten die jedenfalls. Ingo Appelt mit seiner Kodderschnauze nimmt da kein Blatt vor den Mund, und das tut gut. Es braucht einen respektlosen Burschen wie ihn, um den "Herren der Schöpfung", den selbsternannten Ebenbildern dieses virtuellen Gottes und vor allem seinem Bodenpersonal und deren fundamentalistischen Handlangern mal ordentlich die Meinung zu geigen. Schon alleine deshalb ist sein Album
verdienstvoll. Das gehört jeden Freitag in der Moschee, am Samstag in der Synagoge und am Sonntag in der Kirche öffentlich abgespielt. Laut. Und lustig ist es nebenbei auch noch (auch wenn er doch wieder zum Gaudium des  männlichen und weiblichen Publikums sein Reizwort in die Welt schreit, Sie wissen schon: "F....."). Anhören lohnt, wenn man kein allzu verhuschtes Sensibelchen ist.

Beispielbild

Ingo Appelt
„Frauen sind Göttinnen“
Comedy
 
© 2012 Wortart

01 Frauen sind Göttinnen, hallejuja!
02 Hochamt für die Frau
03 Heilige Kirche der glücklichen Frauen
04 Protestanten und Katholiken
05 Das Schweigen der Männer
06 Sarrazins Witzbude
07 Der deutsche Mann
08 Mutti, die erste Göttin
09 Körper, gefangen im Hosenanzug
10 Wiedervereinigung
11 Appelt, der Prophet
12 Auferstanden aus Ruinen
13 Kraftvoll, aber kaputt
14 Die Vertreibung aus dem Paradies
15 Heilige Kühe anbeten
16 Pupsi-Bärchen
17 Mehr will ich gar nicht von dir
18 Männergestalten
19 Liebeslied
20 Gehet hin in Frieden

Gesamtzeit 1:11:10
 
Weitere Informationen: