„Karl May - Die ganze Wahrheit“

Christian Moser erzählt und illustriert das Leben des Abenteuer-Schriftstellers

von Andreas Rehnolt
„Karl May -
Die ganze Wahrheit“
 
Der Carlsen-Verlag veröffentlicht zum 100. Todestag des Schriftstellers eine illustrierte und witzige Biografie über den Autor - erzählt aus der Sicht Old Shatterhands
 
Rechtzeitig zum 100. Todestag des berühmten Schriftstellers Karl May am 30. März hat der Hamburger Carlsen-Verlag  eine illustrierte, humorvolle Biografie über das Leben des Autors herausgebracht. Christian Moser erzählt und illustriert aus der Sicht Old Shatterhands „die ganze Wahrheit“ über Karl May, der mit weltweit über 200 Millionen verkauften Büchern der meistgelesene Schriftsteller deutscher Sprache ist.
 
Der Leser erfährt, daß der in Radebeul geborene Karl May in den ersten vier Jahren seines Lebens blind war und in ärmlichen Verhältnissen lebte. Die Großmutter las ihm viele Märchen vor. Als 14-jähriger schrieb May: „Es war uns in unserer Armut ein Hochgenuß, von edlen Menschen zu lesen, die immerfort Reichtümer verschenkten.“ 1861 trat er seine erste Stelle als Hilfslehrer an einer Armenschule an, später war er als Fabrikschullehrer tätig, als Chorleiter in einem Gesangsverein und musste wegen kleinerer Diebstähle ein paar Wochen ins Gefängnis.
Einige Zeit später machte er als tolldreister Hochstapler und Trickbetrüger von sich reden, mit Namen wie Dr. med. Heilig oder Hermes Kupferstecher - und verbrachte deshalb 8 Jahre seines Lebens im Gefängnis. Der katholische Laienprediger Johannes Kochta war es vermutlich, durch den Karl May es schaffte, seine Phantasie unter Kontrolle zu bekommen und sie in Geschichten fließen zu lassen. „Ich muss selbst zum Märchen werden, ich selbst, mein eigenes Ich“, schrieb May damals.
 
Und so entstanden unendlich viele Erzählungen, die zunächst in einer ganzen Reihe von Zeitschriften erschienen. Allein „Der Orient-Zyklus“ bestand aus 3.600 Seiten und hatte Kara Ben Nemsi als Hauptfigur mit seinem treuen und gewieften Diener Hadschi Halef Omar. Die Leser waren begeistert, reisten sie doch bei der Lektüre durch Wüsten und Gebirge, entdeckten das wilde Kurdistan, die Schluchten des Balkan, gelangten ins Land der Skipetaren, trafen Sunniten, Schiiten und Drusen und erfuhren auch die Entdeckungen eines skurrilen Hobbyarchäologen namens Sir David Lindsay.
1887 schließlich entstanden Romane wie „Der Ölprinz“ „Der Schatz im Silbersee“, in denen Old Shatterhand, Old Firehand und natürlich Winnetou endlich durch den Wilden Westen toben durften. Viele ihrer Mitstreiter - wie etwa Sam Hawkins („Wenn ich mich nicht irre“), Hobble-Frank oder Tante Droll (trat stets in Frauenklamotten auf) hatten Ticks und Spleens, die gerne gelesen und behalten wurden. Und was schrieb May über seine Helden? „Menschenblut ist eine ungeheuer kostbare Flüssigkeit. Winnetou und Old Shatterhand wissen das ganz genau und haben keinen einzigen Tropfen vergossen, wenn es nicht unbedingt notwendig war.“
 
Der hübsche Band beschäftigt sich auch mit den späten Reisen des Autors Karl May in die Länder, die er in seinen Romanen nur mittels seiner Phantasie bereist hatte, literarische Rückschläge, erneuten Ärger mit der Justiz, Verleumdungen. Nach dem Erscheinen von „Winnetous Erben“ gab es Proteste gegen Mays „blutrünstige Indianer-Literatur“ aber auch späte literarische Weihen. Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner etwa, Heinrich Mann und der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch zollten May höchste literarische Anerkennung.
Am 30. März 1912 starb Karl May in Radebeul bei Dresden an einem Herzschlag. Christian Moser stellte auch zum Ableben des Autors ein Zitat desselben: „Wahrhaft große Männer pflegen nicht eher zu sterben, als bis sie wenigstens innerlich das erreicht haben, was sie erreichen wollten oder sollten.“ Der Rezensent überlegt ernsthaft, ob er anläßlich des 100. Todestages nicht endlich die für den Enkelsohn aufgehobenen und eingeschweißten Karl-May-Werke vom Speicher holen soll.
 
Christian Moser -  „Karl May - Die ganze Wahrheit - Old Shatterhand erzählt“
© 2012 Carlsen-Verlag, 159 Seiten, Klappenbroschur, mit zahlreichen farbigen Illustrationen von der Hand des Verfassers -  ISBN 978-3-551-78694-4  -  € 12,90
- Das Buch ist ab 27. März in den Läden. -

Weitere Informationen: www.carlsen.de/  und  www.christianmoser.de
Redaktion: Frank Becker