Parodie mit Pikanterie

Kammeroper Köln mit Ralph Benatzkys „Im Weißen Rössl“

von Frank Becker
Parodie mit Pikanterie
 
Ralph Benatzkys „Im Weißen Rössl“
als freche Nummernrevue
der Kammeroper Köln
 

Regie:
Holger Potozki - Orchester: Bergische Symphoniker – Musikalische Leitung: Inga Hilsberg
Besetzung: Josepha Vogelhuber, Wirtin des Weißen Rössl: Sabine Laubach - Leopold, Zahlkellner: Wolf Latzel - Wilhelm Giesecke: Bernhard Dübe - Ottilie, seine Tochter: Isabel Dürr - Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt: Sean Breen - Prof. Hinzelmann: Volker Hein - Klärchen, seine Tochter: Nadja Wuchinger - Sigismund Sülzheimer: André Nessel - Franz-Joseph, Kaiser von Österreich: Bernhard Dübe - Piccolo, Kellner: Björn Luithardt - Stubenmädchen: Dominique Brooks-Dawn – Kathi: Lisa Sörös
 
Hinschau´n kann i net
 
„Hinschaun kann i net“ mochte mancher Besucher der Aufführung des Singspiels „Im Weißen Rössl“ am Sonntagabend im Remscheider Teo Otto Theater in Anlehnung ans Klagelied von Zahlkellner Leopold gedacht haben – die Ausstattung des von der Kammeroper Köln gemeinsam mit den Bergischen Symphonikern produzierten Stückes von Ralph Benatzky war schon arg bescheiden. Das Bühnenbild verdiente kaum diesen Namen, immerhin konnte man im Hintergrund das Panorama von St. Wolfgang erahnen. Ansonsten gab es eine leere Bühne mit ein paar wackeligen Sitzelementen. Die Kostüme hingegen zeigten wie die Maske gleich die Richtung: das wird frech!
 
Pfeffrig, erotisch
 
Theaterbesucher, die eine Salzkammergut-selige Operetten-Schnulze erwartet hatte, sahen sich anstelle dessen einer witzigen, frechen, ja pfeffrigen Nummern-Revue gegenüber, ganz im Sinne der Autoren dieses oft mißverstandenen Stücks, das ja Parodie sein will – und weitab von der Kino-Variante mit dem gräßlichen Peter Alexander. Die Inszenierung von Holger Pototzki erinnerte stark an die legendär gewordene der Berliner „Bar jeder Vernunft“, aber das ist ja keine Schande, denn die war ein Knaller.
In der schrillen Kölner Version wurde folglich mit erotischer Symbolik und Pikanterie nicht gespart, sei es Dr. Siedlers mächtige phallische Zigarre, Ottilie Gieseckes ebenso überdimensionierter Bär, nicht zu übersehende Travestie-Elemente und homoerotische Anspielungen oder die freigiebig Bein zeigenden Kostüme der Damen. Bei Sloggi Gr. 44 wirkt das allzu deftig, bei Dominique Brooks-Dawn (Stubenmädchen) oder bei Nadja Wuchinger (Klärchen) hingegen höchst erfreulich. Da mochte man dann doch hinschau´n. Das vieldeutige Duett „Und als der Herrgott Mai gemacht“ gelang Nadja Wuchinger und André Nessel als Sigismund Sülzheimer herrlich unter der Gürtellinie. Bernhard Dübe, ein Komödiant von Gnaden und eigentlicher Star der Aufführung, gab durchweg einen wunderbar grantigen Wilhelm Giesecke und am Ende auch noch parodistisch den Kaiser Franz-Joseph.
 
Isabel Dürr mit veritablem UfA-Sopran
 
Als Offenbarung erwies sich im Kontrast zwischen an die Brust gedrücktem Teddybär und 80 D mit keckem Hütchen Isabel Dürr, deren veritabler UfA-Tonfilm-Sopran alles überglänzte. Bei ihren lebendigen Auftritten stimmte einfach alles. Auch Wolf Latzels Bariton trug, wenn er auch als Leopold eher farblos wirkte. Wer nun auch ein Prachtweib wie Frl. Schneider als Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber erwartete, war von Sabine Laubach enttäuscht. Die könnte zwar ein Glas zersingen, aber wie ihre für die Umbau-Intermezzi zuständige lustige Kollegin Lisa Sörös (Kathi von der Post) auch die Trommelfelle ihrer Hörer. Volumen ist nicht alles. Ausstrahlung war da Fehlanzeige. Mit seinem sogar ohne den brillanten Klang des Orchesters völlig untergehenden Stimmchen war Sean Breen als Dr. Siedler ein Totalausfall. Man konnte sich auch an anderer Stelle (z.B. Prof. Hinzelmann) mitunter des Eindrucks nicht erwehren, daß für das Ensemble auch Laiendarsteller aufgeboten waren.
 
Genuß: Bergische Symphoniker unter Inga Hilsberg
 
Apropos Orchester: Ungeschmälerten Genuß schenkten die Bergischen Symphoniker unter Inga Hilsberg, die diesen ungemein wandelbaren Klangkörper mit Eleganz und Verve durch den bekannten Melodienreigen von „Aber meine Herrschaften“, „Es muß was Wunderbares sein“, „Im Salzkammergut“, „Im Weißen Rössl am Wolfgangsee“ und die Robert-Stolz-Melodien „Die ganze Welt ist himmelblau“ / „Mein Liebeslied muß ein Walzer sein“ führte. Da stimmte auch der vorzügliche Schramml-Ton von „Erst wann´s aus sein wird (mit aner Musi)“.
 
Als es dann aus war mit der Musi, fiel der Beifall für die amüsante, burleske kleine Revue freundlich, wenn auch etwas verhalten aus.
 
Weitere Informationen:  www.kammeroper-koeln.de