Triffst du nur das Zauberwort…
(und andere Texte nicht von Eichendorff)
22. April: Gestern sprach meine Zahnpasta mit mir. Ich wollte mir die Zähne putzen und drückte auf die Tube und bekam keine Zahnpasta heraus. Ich ließ mich nicht davon entmutigen und drückte weiterhin auf die Tube, doch immer kam noch keine Zahnpasta heraus. Plötzlich sagte meine Zahnpasta zu mir: „Wenn Du Zahnpasta haben willst, dann fehlt doch nur ein kleines Zauberwort. Sage dieses Zauberwort, und Milch und Honig werden fließen.“ Zuerst war ich verwirrt. Eine sprechende Zahnpastatube hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Aber warum nicht, die Welt ändert sich, und kürzlich bekam auch ich eine singende Geburtstagskarte geschenkt, obwohl ich keinen Geburtstag hatte. Ich drückte also noch mal auf die Zahnpastatube und sprach dazu das Zauberwort. Ich sagte „Bitte“, aber so sehr ich auch danach drückte und drückte: Es kam keine Zahnpasta aus der Tube. „Sehr witzig“, sagte ich zur Zahnpastatube. „Wirklich sehr, sehr witzig“ und schmiß sie weg.
24. April: Heute habe ich meinem Computer Grenzen gesetzt. Ich schrieb gerade einen Brief und bedauerte darin, daß ich die ganze Zeit nur vor meinem Fucking Computer sitzen würde, da unterschlängelte dieser das Wort Fucking und fragte wirklich scheinheilig, ob er dieses Wort Fucking ignorieren soll? Ich bin nicht auf den Kopf gefallen und unterstelle meinem Computer in dieser Hinsicht nichts, aber es ist doch offensichtlich, daß er dieses Wort ignorieren wollte, weil er sich weigerte, es als beschreibendes Wesensmerkmal seiner Person anzuerkennen. Ich habe da meinem Computer Grenzen gesetzt und dieses Fucking zu seinem Wörterbuch hinzugefügt. Nun muß er akzeptieren, was ich über ihn denke. Das Wort geht jetzt ohne Beanstandung durch und auch mein Computer ist endlich in dieser Welt angekommen.
28. April: Wenn ich bei meinen Tätigkeiten so einen Wind machen würde wie mein EPSON STYLUS PHOTO 830U, dann würde sich meine Frau zu Recht beschweren. Ich meine, wir müssen alle unsere Arbeit tun, und ein Drucker hat bestimmt nicht den miesesten Job der Welt, auch wenn er, zugegeben, bei mir meistens nur schwarz auf weiß drucken darf.
29. April: Es ist sonderbar, daß gerade die Zwiebel und der Knoblauch vor der Nutzung nicht gewaschen werden müssen, gerade, wenn man überlegt, wie sehr die stinken.
30. April: Doktor Dicht war verzweifelt. „Meine Klugheit hilft mir nur“, klagte er, „all das Dumme was ich tue als Dummes zu erkennen, anstatt mir im Vorhinein zu helfen diese Fehler zu vermeiden.“
© Erwin Grosche - für die Musenblätter 2012
Redaktion: Frank Becker
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