Sondermann, Hektor, Gott & Co.

Bernd Pfarr - Meister der komischen Kunst

von Frank Becker
Sondermann, Hektor,
Gott & Co.
 
Bernd Pfarrs einzigartiges Vermächtnis
 
Haben Sie jemals jemanden getroffen, der/die beim Betrachten eines Cartoons von Bernd Pfarr, zumal einer seiner Sondermann-Geschichten nicht von entzücktem Lächeln ergriffen worden wäre? Falls ja – streichen Sie diese Person umgehend aus Ihrem Adressbuch. Sie hat keinen Humor. Und wer will so jemanden schon kennen.
 
„Die Besten sterben jung“ – man hat diesen Satz immer wieder im Zusammenhang mit dem frühen Tod von Idolen der Film- und Musikbranche gelesen. Noch immer pilgern Abertausende zum Grab von Jim Morrison in Paris, sehen sich Fans mit zerknüllten Taschentüchern in der Hand James Deans „East of Eden“ und „Rebel Without a Cause“ an, hören am 3. Februar die Platten von Buddy Holly, Richie Valens und The Big Bopper. Einer, um den solch ein Aufheben nicht gemacht wird, der aber mit seinen graphischen Arbeiten und seiner Kürzestprosa zu den größten Zeichnern, intelligentesten Cartoonisten und humorvollsten Alltagsphilosophen des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts gehört, ist Bernd Pfarr (1958-2004). Was er in den letzten 20 Jahren seines Lebens bis zu seinem Krebstod 2004 geschaffen hat, wird als geniales Werk eines genialen Künstlers überdauern.
 
Als Purzel gewahr  wurde, wie wenig er im Leben bislang
gemäß Kants kategorischem Imperativ gehandelt hatte,
überkam ihn großes Wehklagen.      © Bernd Pfarr
 
Der schon jetzt umfangreichen Pfarr-Bibliographie hat der Antje Kunstmann Verlag in seiner Serie „Meister der komischen Kunst“ aktuell einen kompakten Kurz-Abriß des Pfarrschen Werks hinzugefügt, der auf 110 Seiten eine wenn auch kleine, so doch repräsentative Auswahl aus dem enormen Œuvre Bernd Pfarrs vorstellt. FAZ-Feuilletonchef PaTrick Bahners, MdD hat dazu ein recht akademisches Vorwort geschrieben, das allerdings durch seine Kaprizierung auf die Architektur, hier besonders das künstlerisch gestaltete Mauerwerk in Pfarrs Œuvre, wieder ziemlich komisch ist. Das ist Pfarr angemessen getan.
Herausgegeben wurde der Band von WP Fahrenberg, der die schöne Reihe betreut und auch hier wieder mit Feingefühl ausgewählt hat, was zum Kennenlernen des vorgestellten Künstlers erheblich ist. Es wird auch deutlich, daß man Bernd Pfarr nicht irgendwo festmachen kann, schon gar nicht als Comic-Künstler, hat er auch Dulle, Gott und Hektor zur Serienreife gebracht. Vor allem aber prägt Sondermann liebenswert eigenwillig die leicht verschobene Welt, in die Bernd Pfarr uns so gerne entführt.
 
 
Trude Schmehlich fertigte ihr Apfelmus noch immer auf die
traditionelle Art und Weise.                           
© Bernd Pfarr
Pfarr ist in jedem einzelnen seiner Bilder ein tiefsinniger Philosoph, lockt er auch mit sanfter Ironie unwiderstehlich das Lachen aus dem Betrachter heraus. Bei aller ansteckenden Heiterkeit ruhen in seinen Bildern und Geschichten auch Menschenliebe, eine tiefe Melancholie und der Sinn für das Skurrile in Situationen und Menschen. Er vermochte das retardierende Moment auf den Punkt zu bringen, beherrschte die Gratwanderung zwischen Albernheit und höherer Einsicht – und er muß verdammt viel Spaß gehabt haben als er Bilder wie „Trude Schmehlich fertigte ihr Apfelmus noch immer auf die traditionelle Art und Weise“ oder „Robert war in der Badewanne von Herta Ziegler wegen seiner gefürchteten Arschbomben kein gern gesehener Gast“ malte. Über die Gefahren des Lesens machte er sich ebenso Gedanken wie über die Möglichkeiten des Recyclings wertvoller Rohmaterialien, sinnreiche neue Erfindungen und den Nutzen gewichtiger Herren.
 

Bücher mit Bildern und Geschichten Bernd Pfarrs sind ein Gewinn für jedes Haus. Dies hier auch.



 

Als Sondermann sah, wie täppisch und hilflos Gott zuweilen war, beschloß er, den
alten Herrn nicht länger mit abendlichen Gebeten für eine bessere Welt zu behelligen. 

© Bernd Pfarr

Bernd Pfarr -  (Meister der komischen Kunst)
© 2012 Antje Kunstmann Verlag, 110 farbig illustrierte Seiten, 16,- €
 
Weitere Informationen: www.kunstmann.de

 
Manchmal hatte Sondermann keine Lust zum Fotografieren. Dann stand er still im
Zimmer und schmiegte seine Hand weich an die Tapete.
               © Bernd Pfarr
 

 
Langsam schob sich eine riesige Posaune bis auf wenige Zentimeter an den schlafenden Herrn Semmler
heran.
Lange verharrte sie so, ohne den geringsten Laut von sich zu geben, dann verschwand sie wieder.
Vorfälle dieser Art mögen selten
sein, sie sollten uns aber unbedingt zu denken geben  © Bernd Pfarr


Weitere Literaturempfehlungen:
Bernd Pfarr - "Sondermann im Glück" - 2002 Verlag Zweitausendeins, Frankfurt/M.
Bernd Pfarr - "Eines Tages war Zeus das Blitzeschleudern leid" - 1998 Verlag Zweitausendeins
Bernd Pfarr - "Komische Bilder" - 1996 Verlag Zweitausendeins, Frankfurt/M.
Bernd Pfarr - "Sondermann schlägt zu" - 1991 Eichborn Verlag, Frankfurt/M.
Bernd Pfarr -  "Sondermann" (Gesamtausgabe) - 2007 Steidl Verlag