Plaucius Plusius Optinius

von Hanns Dieter Hüsch

© Jürgen Pankarz
Plaucius Plusius Optinius
 
Sie wissen ja, daß ich in vorgerückter Stunde Plau- cius Plusius Optimus genannt werde. Und zwar hat mich meine Frau drauf gebracht: Weil ich erstens eine Plautze habe - daher Plaucius - und weil ich zweitens  so gern eigenhändig und stundenlang Plusen vom Teppichboden auflese. Ich kann tasächlich jeden Staubsauger ersetzen. Sollte also mal Ihr Staubsauger kaputt sein - Anruf genügt! Deshalb heiße ich Plusius; und Optimus, weil ich darin der Beste bin! Also latinisiert: Plaucius Plusius Optinius! - Laßt ganz dicke Männer um mich sein, so hieß es doch im ganz alten Rom. Und A ich habe schon damals, auch im Senat, wenn da gerade Pause war, die Plusen aufgelesen. Ehrenamtlich - also nebenbei! Eigentlich war ich hauptberuflich Geschichtenerzähler und hatte damals den Beinamen „Eloquentius!“ – „Der Beredsame“! Aber nur so lange, bis eines Tages Gaius Petronius Secundus auf mich zukam, als ich gerade Plusen im Senat auflas, und zu mir sagte: „Auch du, mein Sohn Plusius...“   Und das war sehr gefährlich damals, wenn jemand zu einem anderen sagte: „Auch du, mein Sohn“.  Damals lagen im ganz alten Rom immer Mord und Totschlag in der Luft, die sonst sehr angenehm und milde war - die Luft - mit einem Wort: heiter - serenissima! Es gab eine Frau in Rom, die hieß Serenissima und war eine Hellseherin! Und die hat mir dann geraten, Rom doch lieber zu verlassen. Und das habe ich dann auch um die Mittagszeit gemacht, als gerade der Stierkampf tobte - excusa! Der Stierkampf, das war ja in Spanien, als ich unter Elisabeth von Kastanien und Ferdinand von Aquavitanien Schnallenputzer war, und Christoph Colon getroffen habe - das ist der mit dem Ei, also der das westindische Ei entdeckt hat, also das Stopfei, wo man so den Strumpf drüberziehen muß. Ich war also Schnallenputzer. Das war im ganz alten Spanien eine angesehene Position, danach kam gleich der „Don“ und dann der „Grande“ - glaube ich. Zuerst war man Speichellecker,  dann Stiefellecker, dann Stiefelknecht, dann Knecht, dann Putzer, dann Schuhputzer, dann Schnallenputzer! Und dann gab es, glaube ich, noch den Oberschnallenputzer! Der kam direkt unter dem „Don“! Ich wollte damals im ganz alten Spanien auf der „Santa Maria“ von Christoph Colon anheuern - wegen des westindischen Stopfeis -, und als ich ihn traf, habe ich gesagt: „Capitän“, habe ich gesagt, „Capitän, ich habe weder Mütterlein noch Väterlein, könnt Ihr nicht einen gebrauchen, der Euch, wenn Ihr auf der „Santa Maria“ fein ausgeht, täglich die Schnallenschuhe putzt?“ Er aber sagte nur: „Adelante!“ Und ging vorüber! Nun, wenn er mich mitgenommen hätte, dann hätte er sicher das westindische Stopfei entdeckt. So aber müssen wir heute alle mit dem alten Amerika vorliebnehmen. Ich bin dann später, als ich bei Elisabeth von Kastanien und Ferdinand von Aquavitanien in Ungnade fiel, an den Niederrhein geflohen - was ich bis heute nicht bereut habe!
 
 
 
 
© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung
Die Zeichnung stellte freundlicherweise Jürgen Pankarz zur Verfügung.