Beschneidung - Ein barbarisches Ritual

Ein Zwischenruf

von Bertold Blumenberg
Beschneidung
Ein Barbarisches Ritual
 
Zwischenruf von Bertold Blumenberg
(Vater von 4 Kindern)
 

Hat Religion Narrenfreiheit oder gilt das Grundgesetz?
 
Die Beschneidung von Jungen ist ab sofort strafbar entschied (endlich) ein deutsches Gericht; genauer: das Kölner Landgericht. Beschneidung ist rechtswidrige Körperverletzung.
 
Ich sage: Richtig so. Endlich.
 
Unser deutsches Grundgesetz, in dem auch der Laizismus verankert ist, garantiert nämlich seit über einem halben Jahrhundert nicht nur das Recht auf  körperliche Unversehrtheit aller Menschen, mehr noch: unter seinem besonderen Schutz stehen unsere Kinder (siehe auch: Prügel- und Mißhandlungsverbot).
 
Jeder, der selber Kinder hat und/oder zudem ein fühlender Mensch ist, konnte ohnehin die Beschneidung von Kindern bisher nur als barbarisch bezeichnen. Kleine Kinder spüren dabei - andere Behauptungen sind schlicht gelogen – großen Schmerz. Acht Tage nach der Geburt, an dem Termin, zu dem das Judentum die Beschneidung der männlichen Nachkommen vorsieht (im Islam wird das bis zum 13. Lebensjahr vollzogen, ist auch nicht besser), liegt bei einem männlichen Säugling noch eine natürliche Vorhautverengung vor. Die Vorhaut ist dabei noch verklebt. Sie wird, meist von Männern, die nicht einmal Ärzte sind, zunächst rüde von der Eichel abgerissen, bevor mit dem hoffentlich wenigstens desinfizierten Teppichmesser der blutige Schnitt geführt wird.
 
Allein bei dieser Vorstellung mir speiübel. Wer kommt nur auf so was?
 
Was sagen nun Vertreter unserer Landsleute jüdischen Glaubens dazu:
 
Die Europäische Rabbinerkonferenz sieht im Verbot der Kinderbeschneidung den Fortbestand, ja die Existenz jüdischer Gemeinden bedroht. Wie das? Sterben Menschen jüdischen (oder moslemischen) Glaubens aus, wenn man ihren kleinen Söhnen nicht die Vorhaut abschneidet? Ich zitiere aus einer Diskussion der ARD, wo ein gemütlich und freundlich dreinblickender Rabbi am vergangenen Mittwoch großväterlich wie ein Märchenerzähler erklärte, daß die Beschneidung das beste Geschenk des ganzen Lebens sei. Abermals: wie das? Darum dürfe, solle und müsse sie unbedingt auch kleine Kinder beglücken. Das müsse erlaubt sein, denn die Beschneidung sei das Fundament des Judentums. Wer sie ablehne, breche den Kontakt zu Gott und dem jüdischen Volk ab. Zitat: „Dieses (Gerichts-)Urteil bedeutet den Tod des Judentums in Deutschland!“
 
Wie bitte?
 
Dunnerlittchen. So etwas sitzt. Das macht eigentlich sprach- und fassungslos. Haut den deutschen Lukas. Die perfide Assoziation zum schrecklichen Holocaust ist als bewußte Provokation wohl kaum zu überhören: Wer uns Juden diese Genitalverstümmelung am Neugeborenen verbietet, bringt uns das zweite Mal in die Gaskammern. Ist das zu fassen? Was für ein perfides Gedankengut. Kann man da im Gegenzug eigentlich noch sachlich bleiben? Ist das wirklich ernst gemeint oder nur wohlkalkulierte Demagogie?

Unterdessen hat sich der niedersächsische Ärzteverband Hartmannbund zum Oberdeppen machen lassen und sich, die Gründe bleiben offen, dafür ausgesprochen, gegen jede ärtzliche Ethik Beschneidungen aus religiösen Gründen weiterhin zuzulassen. Na prima, verehrte niedersächsische Ärzteschaft, das noch um einiges blutigere und noch mehr menschenverachtende Ritual der Beschneidung an Mädchen (das Abtrennen der Schamlippen und der Klitoris sowie das Vernähen der Vagina) sollten wir dann doch auch gleich erlauben – ist ja für irgendeine hirnverbrannte Religion...
Nun scheint auch die Bundesregierung einknicken zu wollen, denn im einem der demokratischen Gesetzgebung vorauseilenden Gehorsam übt Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger bereits den Kotau vor dem Begehren fundamentalistischer religiöser Kreise (siehe Kommentar unten). Doch einem Gesetz, das explizit erlaubt Kinder zu verstümmeln, müßte die Mehrheit des Bundestages zustimmen. Der besteht - so darf man annehmen - aus aufgeklärten Menschen. Und diesmal sitzen sicher nicht nur 25 Parlamentarier im Bundestag, weil im Fernsehen Fußball läuft.
 
Was noch?

Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan, deren Promotion derzeit von der zuständigen Kommission der Universität Düsseldorf auf ihre Rechtmäßigkeit untersucht wird und auf die als vehemente Förderin von Ex-BW-MP Mappus aktuell Schatten fallen, hat das Ritual verteidigt: „Wir dürfen uns nicht angewöhnen zu meinen, erlaubt sei nur das, was allen plausibel erscheint.“ Recht so, Frau Schavan! Erlaubt werden muß wohl endlich auch das, was allen völlig unplausibel erscheint. Ich denke da an:
 
Rückwärtsfahren auf der Autobahn, Rauchen neben Tankstellen-Zapfsäulen, nicht zu geringe Stromschläge als Bestrafung für naschhafte kleine Kinder und böse Abschreiber, Hand ab bei Ladendiebstahl und Kopf ab bei Ehebruch (nur bei Frauen, notabene) - Millionen Moslems können nicht irren -, freier Sex mit Kindern ab 12 (eine alte Forderung der Grünen einstmals in NRW) oder zur Stärkung der natürlichen Auslese die Verweigerung ärztlicher Leistung an über 70-Jährige. Wollen wir nicht auch die Füße kleiner Mädchen einschnüren, damit sie später zierliche Trippelschritt machen, um diesem oder jenem oder irgend einem Popanz zu gefallen? Was kommt danach, Frau Ministerin? Wir könnten ja auch wieder unsere Feinde aufessen, nachdem wir sie totgeschlagen haben, damit ihre Kraft auf uns übergeht.
 
Ich habe nichts gegen in freier Entscheidung gewählte schmerzhafte Rituale wie z.B. die Mode-Erscheinung des Tätowierens oder sich Ringe durch die Nase und alle sonst möglichen und unmöglichen Stellen des Körpers ziehen zu lassen. Denn es galt und gilt noch immer der schlichte Spruch „Et jibt op Ääd kein jrößer Leid als wat dä Mensch sich selbst andeit“. Aber Freunde, bitte nur bei Erwachsenen bzw. Volljährigen! Mit 18 Jahren kann jeder wählen, also auch frei entscheiden was er mit seiner Haut oder Vorhaut machen läßt oder welche Religion er freiwillig wählt oder abwählt. Alles andere ist im höchsten Grade anmaßend und bleibt unentschuldbare Barbarei!        
 
Das Bielefelder Westfalenblatt schreibt am Samstag, 14.7.2012:
„Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger warnt bereits, Religionsfreiheit, Elternwille und das Recht auf körperliche Unversehrtheit seien zu bedenken. Die Bundesregierung kann kaum ein Gesetz beschließen, das Eltern die Verstümmelung ihrer Söhne erlaubt. Als solche empfinden nämlich einige Beschnittene den Eingriff. Selbst wenn es nur wenige sind, die unter dem Schnitt körperlich und seelisch leiden - der Staat hat ihre Unversehrtheit zu schützen. Hätte Gott Jungen ohne Vorhaut gewollt - es wäre ihm ein leichtes gewesen, sie so zur Welt kommen zu lassen.“

Noch Fragen?
 
B.B.