Angst - ...und andere Stimmen

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Angst
...und andere Stimmen

13. August: Manchmal muß man etwas sagen. Wie geht´s, wie steht´s, was macht die Liebe? Auch bewußt drumherum reden, um dann auf etwas Wesentliches zu stoßen. So ist es gut. Erstmal eine Tasse Tee trinken und dazu ein Plätzchen essen. Plötzlich taucht ein gemeinsamer Gedanke auf, wie ein verschollener Freund. Plötzlich taucht ein gemeinsames Gefühl auf, das beweist, wie nah man sich im Grunde schon immer gewesen war. Da muß man auch Themen wie das Wetter hinter sich lassen, Fußballspiele erörtern und über den letzten wunderschönen Urlaub reden, um dann gestehen zu können: Ich habe Angst. Ich bin allein. Ich würde am liebsten sterben. Manchmal muß man etwas sagen. Wie geht´s, wie steht´s, was macht die Liebe? Auch bewußt drumherum reden, um dann auf etwas Wesentliches zu stoßen.
 
14. August: Der Sommer kommt manchmal so überraschend, daß ich selbst dann nicht den Winterpullover ausziehe, wenn es richtig warm geworden ist. Der Vertrauen in den Sommer ist einfach dahin.
 
15. August: „Habe ich nur Angst vor ihnen oder haben sie auch Angst vor mir? Ist heute so ein Tag, wo man den Nächsten fürchtet? Schon ihr Gang macht mir Angst. Ich sah sie schon von weitem Angst verströmen und dachte: „Paß auf, da ist jemand, vor dem man Angst haben soll.“
 
17. August: Er sprach im Tunnel weiter, genau wissend, daß jeder Satz durch den Tunnelhall sehr dämonisch klingen würde.
 
 


© 2012 Erwin Grosche - Erstveröffentlichung in den Musenblättern