Der Zwiebel ruft an
Amüsant essen mit Axel Hackes „Speisedeutsch für Anfänger“
- einem Cicerone durch die
Menükarten der Welt. Mit diesem Buch stößt der Autor nicht nur die Portale zu Gourmet-Tempeln rings um den Globus auf - er tut damit genau das, woran schon jeder von uns bei der Lektüre einer verwirrenden, kuriosen oder schlichtweg völlig in die Irre führenden Speisekarte heimlich geplant hat: das alles mal aufzuschreiben, damit andere daran teilhaben können. Engagierte Unterstützung erhielt Axel Hacke dabei von einer eifrigen Schar von Sammlern solcher kulinarischer Kuriositäten, die ihn mit gemopsten Speiskarten, heimlichen Abschriften, Fotos und Gedächtnisprotokollen von Ihren Reisen aus allen Winkeln der Erde versorgt haben. Herr Hacke muß es ergangen sein wie mir, der ich mich von der ersten Seite des zudem herrlich von Dirk Schmidt illustrierten Bandes vor Lachen gekringelt habe. Das Vergnügen sollten Sie sich auch gönnen. Eine wahrhaft nicht immer durchschaubare, gelegentlich wenig appetitliche, doch stets unterhaltsame Aufgabe hat sich der humorbegabte Autor da aufgebürdet: uns eine Auswahl von dubiosen Gerichten und mysteriösen Mahlzeiten aus den Speisekarten der Welt aufzutischen. Da gibt es „Feng Shui vom Schwein“, „gefühlte Tomaten“ (und überhaupt weltweit gefühlte Gerichte), „überbackene Oberbegriffe“, „Fisches Filet des zur Vollkommenheit versengten Heilbutts“, „Weißweincreme Aus, mit Penne Nudeln Federn und Parmesankäse“, „Die Kollektion der Scheibchen des Roastbeefs und des Kalbfleisches, Vom Gelee aus der roten Schuld“ (in Rußland, aha!), „Sahne Chorhemd mit Fruchten im Wald“, „Dänemark ohne Fleisch“ (in Polen), „Der Zwiebel ruft an“ – ein Füllhorn sprachlicher Kompetenz, ein Cicerone zur verborgenen Poesie des Speisedeutschen. Glücklicherweise dröselt Axel Hacke die kompliziertesten Fälle einleuchtend auf, denn nicht alle sind so einfach zu lösen wie „Der Zwiebel ruft an“ (Onion rings“ - ha!). Das dem Buch seinen Titel gebende Gericht, abgeschrieben von einer irischen Speisekarte, eigens für den deutschen Reisenden mit erläuternden Texten in der vermeintlichen Muttersprache versehen, ist da schon ein anderes Konstrukt: „Oberst von Huhn und Breitet sich drastisch in einer Weißweincreme Aus, mit Penne Nudeln Federn und Parmesankäse“. Im Original hieß es ursprünglich: Supreme of chicken and mushroom in a white wine cream, with penne pasta nibs and parmesan cheese. Machen Sie sich mal selber dran. Die weit unter die Gürtellinie gehenden Überlegungen zur Zubereitung von „Meat balls“ wollen wir hier nicht vertiefen.
Es wäre jetzt natürlich ganz falsch, für Sie hier aufzulisten, was Axel Hacke zu unserem ungeteilten Vergnügen mühselig zusammengetragen und fein kommentiert hat, egal ob „Knedel mit Ramses“ in Prag oder „Gerüchte aus dem Wok“ in der Mainzer Uni-Mensa sind. Wer oder was nun aber steckt oft hinter solchen urkomischem Kauderwelsch? Axel Hacke gibt den Fingerzeig und nennt einige der Schuldigen: abgesehen vom leichtfertigen Umgang mit Wörterbüchern sind es elektronische Übersetzungshilfen wie Babelfish, Bing oder Google, die zu solchen sprachlichen Purzelbäumen führen.
Also, eines kann ich mir doch nicht verkneifen: Frau G. aus Starnberg fand auf Mallorca bei McDonald´s „Huhnklumpen“, die sich schließlich als Chicken Nuggets entpuppten. Axel Hacke versteht das – „…wer je vor einer Schale Hühnernuggets saß, der weiß, welches Wort das bessere ist.“ Köstlich, ganz köstlich.
Axel Hacke – Oberst von Huhn bittet zu Tisch – Speisedeutsch für Anfänger“
© 2012 Antje Kunstmann Verlag, 111 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Illustrationen von Dirk Schmidt – ISBN978-3-88897-779-4
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