Gemalte Visionen des Friedens

Die große Rubens-Ausstellung im Wuppertaler Von der Heydt-Museum

von Andreas Rehnolt/Bec.

Peter Paul Rubens - Selbstportrait
Foto © Frank Becker

Rubens-Bilder - gemalte
Visionen des Friedens
 
Die große Rubens-Ausstellung
im Wuppertaler Von der Heydt-Museum
würdigt neben dem künstlerischen Werk
auch die diplomatischen Verdienste
des universal gebildeten, genialen
Künstlers des 17. Jahrhunderts
 
 
Wuppertal - Für den Direktor des angesehenen Wuppertaler Von der Heydt-Museums, Dr. Gerhard Finckh, sind nicht wenige der Gemälde des berühmten Malers Peter Paul Rubens auch „Visionen des Friedens“. Wie kein anderer Künstler habe der 1577 in Siegen geborene Peter Paul Rubens gewußt, „seine Kunst im Ringen um einen Frieden einzusetzen“, sagte Gerhard Finckh am Donnerstag bei der Präsentation der Ausstellung, die vom kommenden Dienstag an zu sehen sein wird. „Malend gelang es ihm gerade in schwierigen Missionen, den politischen Akteuren Visionen mit tagespolitischer Zuspitzung wirkungsvoll vor Augen zu stellen und so Möglichkeiten zur Überwindung der Verwicklungen und Blockaden seiner Zeit zu eröffnen“, meinte Finckh weiter
 
Für den Museumschef, der die bis zum 28. Februar nächsten Jahres angesetzte Ausstellung gemeinsam mit Dr. Nicole Hartje-Grave kuratierte, steht fest, daß der Maler, zugleich Wissenschaftler, Philosoph und Diplomat, „das künstlerische Genie des 17. Jahrhunderts“ war und „weit darüber hinaus einer der bedeutendsten Maler aller Zeiten“. Die Ausstellung in Wuppertal zeigt Rubens nicht nur als genialen Maler, sondern präsentiert mit insgesamt 50 Gemälden und Ölskizzen sowie zudem zahlreichen Zeichnungen, die laut Gerhard Finckh an Rang selbst Raffael und Tizian übertreffen, den Maler auch als hochbegabten und erfolgreichen Diplomaten in einer Zeit, in der das damalige Europa in einem nicht enden wollenden Krieg zu versinken drohte.
 
Ein Zerrissener
 
Als Ratgeber und Unterhändler entfaltete Rubens laut Finckh im Einklang mit den Interessen seiner

Porträt Ambrogio Spinola Saint Louis - Foto: Museum
Vaterstadt Antwerpen und der Landesherren in Brüssel an den Höfen in Madrid, Paris, Den Haag und London seine „Vision eines geeinten Europa.“ Unter Einsatz seiner tagespolitisch zu deutenden Historienbilder leistete der Künstler seinen Beitrag, um den blutigen 30-jährigen Krieg zu beenden. Als Gesandter der spanischen Krone erreichte er in Verhandlungen mit dem damaligen englischen König Karl I. Friedensverhandlungen und einen Friedensschluß zwischen beiden Ländern. Gekrönt wurde sein Erfolg dadurch, daß er 1630 in Whitehall zum Ritter geschlagen wurde, erfahren die Besucher der Ausstellung.
Nach den Worten Finckhs war Rubens zeitlebens „ein Zerrissener“. Als Sohn eines emigrierten protestantischen Anwalts aus dem katholischen Antwerpen, der später seines Glaubens wegen in den Siegener Kasematten eingekerkert war, trat Rubens 1587 als Kind in Köln mit der Familie zum katholischen Glauben über. 1589 kehrte er nach Antwerpen zurück. Im Alter von nur 23 Jahren wurde er Hofmaler im italienischen Mantua, danach war er am spanischen Königshof tätig sowie in Rom, bevor er 1608 einer Krankheit seiner Mutter wegen nach Antwerpen zurückkehrte. Dort malte er 1609 als erstes für das Rathaus „Die Anbetung der Heiligen Drei Könige“.
Für Rubens stand laut Finckh nicht zuletzt aus seiner protestantischen und später katholischen Erfahrung fest, daß es „keinen Sinn hat, aus religiösen Gründen einen Krieg zu führen.“ Aus dem Zwiespalt der beiden christlichen Religionen heraus habe sich der Maler wohl der antiken Philosophie von Heraklit, Demokrit, Tacitus u.a. zugewandt und nach dem Motto gehandelt, „es ist besser, hier auf Erden ein gutes Leben zu führen, wozu unbedingt der Frieden dazu gehört,“ erklärte der Direktor des Museums.
 
Schon zu Lebzeiten begehrt
 
Die einzigartige Schau zeigt neben einer Auswahl von Bildern für kirchliche und private Auftraggeber auch die Entwürfe für die Antwerpener Jesuitenkirche, die eindrucksvoll „die Politisierung der

Abraham und Melchisedek, 1615-18 - Foto © Frank Becker
Religion“ vor Augen führen, sowie im Shed-Saal des Museums die fotografisch rekonstruierte Kopie eines Deckengemäldes aus Rubens´ Werkstatt. Der Wuppertaler Tapetenhersteller Erfurt hat in Zusammenarbeit mit dem Museum nach Original-Vorlagen aus einem Gemälde Rubens´ eine Ledertapete rekonstruiert, die auf einigen Wänden einen Eindruck davon gibt, wie seinerzeit die im 17. Jahrhundert vom gesamten europäischen Hochadel begehrten Rubens-Gemälde gehängt waren bzw. präsentiert wurden.
Zu den schönsten Stücken der Ausstellung zählt sicherlich das 1617 entstandene Gemälde „Abraham und Melchisedek“, das Rubens nach einem Bericht aus dem Alten Testament malte. In seiner Werkstatt arbeiteten zeitgenössische Meister hohen Ranges, so u.a. Anthonis van Dyck, Cornelius Schut und vor allem Frans Snyders. Die Exponate sind Leihgaben von Museen und Sammlungen aus aller Welt. Unter anderem sind so faszinierende Werke wie „Die Beweinung Christi“ aus dem Jahr 1614, „Die Heilige Familie“ von 1630 oder „Christus am Kreuz“ von 1610 zu sehen.
 
Schwerpunkt Diplomatie
 
Der Schwerpunkt der Wuppertaler Ausstellung liegt bei Rubens' regelmäßig in seine Bilder eingeflossenen „Friedensdiplomatie“. So ist etwa das Gemälde „Der siegreiche Held schließt Frieden“ von 1628 ausgestellt oder das 1637 entstandene Bild „Die Folgen des Krieges. Nicht im Original sondern nur als Kopie kann das Museum das Gemälde Krieg und Frieden" zeigen, das laut Finckh den diplomatischen Auftrag des Malers Rubens in eine allegorische Form faßte: „Ein Leben in Frieden und Wohlstand nach Ende des Krieges.“ Die Londoner National Gallery hat dieses Kernstück von Rubens´ Werk nicht ausgeliehen, weshalb hier nur eine Reproduktion gezeigt werden kann. Rubens starb am 30. Mai 1640 hoch angesehen in Antwerpen, wenige Jahre vor dem Ende des 30-jährigen Krieges.


Peter Paul Rubens, Krieg und Frieden (Minerva schützt Pax vor Mars), 1629-30 (Reproduktion) - Foto © Frank Becker
 

Katalog, Termine, Öffnungszeiten


Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Königlichen Museum für schöne Künste in Antwerpen und gliedert sich in acht, an der Biografie von Rubens orientierte Kapitel, die die komplexe Verbindung zwischen künstlerischen und politischen Themen erfahrbar machen. Gefördert wird sie von der Wuppertaler Jackstädt-Stiftung. Zur Ausstellung ist ein 368-seitiger, reich illustrierter Katalog mit Beiträgen internationaler Rubens-Fachleute erschienen, der im Museum für 25,- Euro erhältlich ist.
Der Fernsehjournalist Werner Raeune (ZDF/3sat) hat zur Ausstellung den Film „Peter Paul Rubens – auf den Spuren eines Malergenies“ gedreht, der für 15,- € ebenfalls im Museum erhältlich ist, dort auch permanent gezeigt wird und am 27. Oktober um 22.45 Uhr auf 3sat zu sehen sein wird.

Venus und Amor  - Foto: Museum
 
Die Ausstellung ist dienstags und mittwochs von 11-18 Uhr, donnerstags und freitags von 11-20 Uhr und samstags/sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. 
 
Parallel dazu ist eine Etage tiefer die begleitende Ausstellung „Die alten Meister (von Dürer bis Goya)“ – Kunst des 16.-18. Jahrhunderts aus Beständen des Von der Heydt-Museums zu sehen, die Gerhard Finckh kuratierte und zu der ebenfalls ein hervorragender Katalog von 224 Seiten in bibliophiler Ausstattung erschienen ist. Hier stammen die Beiträge u.a. von Gerhard Finckh, Dr. Antje Birthälmer, Dr. Sabine Fehlemann (†), Dr. Nicole Hartje-Grave und Heidemarie Hübschen.
 
 
Redaktion: Frank Becker