Coco Schumann

50 Jahre Jazz

von Frank Becker

© Trikont Verlag
Coco Schumann

50 Jahre Jazz


Als der „Ghetto Swinger“ ist Heinz „Coco“ Schumann (*1924) durch seine von Max Christian Graeff und Michaela Haas aufgezeichneten Erinnerungen und durch ein Bühnenstück von Kai Ivo Baulitz in die Geschichte der deutschen Jazz- und Unterhaltungsmusik eingegangen. Die Rezension einer Aufführung der Hamburger Kammerspiele konnten Sie hier kürzlich lesen. Die Ereignisse der Nazi-Zeit, die er nach Inhaftierung als „Halbjude“ im Ghetto Theresienstadt und im Vernichtungslager Auschwitz durch seine Musik überlebte, haben sich im Reperetoire nicht niedergeschlagen. Nun liegen uns auch die wenigen Aufnahmen Coco Schumanns vor, die glücklicherweise vom Trikont Verlag gepflegt werden.
 
Drei Alben gibt es derzeit, die in zum Teil äußerst raren Live-Mitschnitten und Rundfunkaufnahmen  aus den 1940er und 1950er Jahren Coco Schumann auf seinen elektrisch verstärkten Gitarren – zunächst einer „Roger“ von Wenzel Roßmeisel, später seiner Gibson „Les Paul“ hören lassen. Auch einige Aufnahmen aus den 70ern sind dabei und Schumanns sympathisches „Revival“ aus den späten 90ern. Coco Schumann zeigt sich dabei durchweg als talentierter Grenzgänger zwischen den Genres, als Swing-Musiker 1949 an der Seite von Violin-Legende Helmut Zacharias, als
ausgezeichneter Blues-Gitarrist und als eleganter U-Gitarrist und Könner der leichten Bar-Musik, wie eben auch als der sensible Jazzer auf den Pfaden seines Vorbilds Les Paul. In späteren Jahren hört man auch Pop-Einflüsse Duane Eddys und der Ventures, was nichts anderes bedeutet, als daß sich Schumann an der Zeit orientierte. Seine Blues-Stücke, namentlich die Variationen seines „Stripper Blues“ zeugen von der hochmusikalischen Veranlagung, die er im Blut hat. Eine der vielen Sternstunden seiner Arbeit war neben seinen Kompositionen „Blues“, „Exotique“ besonders sein „Au revoir mon amour“ zusammen mit Jean „Toots“ Thielemans und die Aufnahme des „Stripper Blues II“ mit Micky Bahner am Kontrabaß, Wolfgang Köhler am Klavier und Horst Sommer am Schlagzeug. Seine musikalische Beschlagenheit und das enorme Repertoire drücken sich im amüsant extemporierenden Zitatenreichtum Coco Schumanns aus, den er gerne und federleicht einsetzt.
 
Coco Schumann lebt heute, 88-jährig und immer noch musikalisch präsent, in Berlin. Sein Selbstzitat: „Morgens stand in großen Lettern unter meinem Konterfei in einer bekannten Tageszeitung: ,Coco Schumann: Das schreckliche Leben einer Jazz-Legende´! Aber das stimmt nicht. Nein, mein Guter, sage ich angesichts des hellen Planeten, wild und bunt lief es, manchmal zu lang und immer zu kurz, das Leben hat sich unglaublich böse und entsetzlich schön gezeigt. Nur eines war es mit Sicherheit nicht: schrecklich.“, mag ihm helfen, das Grauen zu verdrängen. An den fürchterlichen historischen Wirklichkeiten, die wir uns stets vor Augen halten sollten, ändert es nichts.
 
Die Alben:

Coco Schumann – „Rex Casino“
mit 15 Titeln  -  Dauer:  56:14
Dazu eine DVD mit Filmen und Filmclips aus Coco Schumanns Super 8- und Video-Archiv, darunter Aufnahmen mit Helmut Zacharias, Bildern aus dem Berlin der 50er und 60er Jahre und Aufnahmen von Mittelmeerkreuzfahrten mit dem Coco Schumann Quartett (Neckermann Reisen) und Landgängen im Vorderen Orient und im Senegal, sowie Ausschnitte aus Filmen über Coco Schumann  -  Dauer:  1:23:48
 
Coco Schumann – „double - 50 years in jazz“ mit 2 CDs
CD 1 mit 20 Titeln  -  Dauer:  53:30
CD 2 mit 17 Titeln  -  Dauer:  1:02:21
 
Coco Schumann Quartett live – „Coco Now!“ mit 10 Titeln  -  Dauer:  1:05:50
Live auf Schloß Elmau/Obb. Am 20. Juli 1999
Mit Karl-Heinz „Kalle“ Böhm (Tenorsaxophon, Querflöte, Gesang), Hans Schätzke (Kontrabaß), Sven Kalis (Schlagzeug), Coco Schumann (Gitarre)
 
Weitere Informationen, Titellisten und Klangbeispiele zu allen Alben:  www.trikont.de