Ars amatoria

Ovids "Liebeskunst" - Neu gelesen von Konrad Beikircher

von Frank Becker
Publius Ovidius Naso
Ars amatoria  
Buch 1 Selbstvertrauen
Vers 269 - 282
 
Das erste ist: glaube daran:
Du kannst sie kriegen - alle.
Dann kriegst Du sie auch.
Streck ruhig die Fühler mal aus.
Da schwiegen schon eher
die Vögel im Frühling
oder im Sommer die Grillen,
da zeigte auch eher der Jagdhund
dem Hasen die Hacken
als daß ein Mädchen sich sprödet
wenn einer sie anmacht - gekonnt.
Natürlich will dann auch die,
von der du dachtest: hier läuft nichts.
Außerdem macht es auch Spaß
der Mann und der Frau, das Versteckspiel.
Allerdings ist hier der Mann
lang nicht so gut wie die Frau.
Würden wir Männer auf einmal
auf Anmachereien verzichten:
würden sie sicher sofort
unseren Part übernehmen.
So ist’s ja auch bei der Kuh
auf der Weide: SIE
muht den Stier an,
oder die Stute den Hengst,
den SIE lustvoll bewiehert.
Gut, so wild ist unsereins nicht
denn das männliche Feuer
hat irgendwo auch ein Ende..
Also: gib sie nicht auf,
die Hoffnung auf sämtliche Frauen.
Denn in der riesigen Menge
wird kaum eine Dich niemals wollen.
Und eines ist klar: am Flirt
haben Spaß alle Frauen,
ob sie nun ja sagen
oder auch nein.
Selbst wenn Du Dich täuschst
ist das ‘Nein’
nicht immer das Ende.
Doch was heißt hier schon: täuschst?
Dann wird halt auf’s Neue geflirtet
denn das, was Du hast, das kennst Du
und Spaß macht immer das Neue.

Diesen Ovid verdanken wir Konrad Beikircher, der dem römischen Lyriker eine neue, zeitgemäße Fassung verpaßt hat, die sich in der Tat weit ab vom verhaßten Lateinunterricht unserer Jugend hören läßt - und Spaß macht. Wir nehmen teil an des Publius Ovidius Naso Erfahrungsschatz im Umgang mit den Frauen, lauschen seinen Hinweisen zu Schönheitspflege, Besonnenheit, Verschwiegenheit, Friedfertigkeit, zu Kußtechniken, den Genüssen und den Stellungen beim Liebesspiel. Wie das zustande kam, lassen wir am besten den Künstler selbst erzählen, denn Konrad Beikircher hat das launig kommentiert:

"Die Schule, die ich in Bozen besuchte, war das Franziskanergymnasium und dieses legte Wert auf Latein und Altgriechisch. Ich gestehe: auch wenn ich kein As war, habe ich beides gerne gemacht. Was mich allerdings damals immer schon belustigt hat, war dieses hölzerne Altphilologen-Deutsch, in dem die Übersetzungen dahergestelzt kamen. Mit dem Abitur war das natürlich erst mal vergessen, bis ich mit zunehmendem Alter immer mehr die Schönheit und Aktualität der antiken Literatur wieder entdeckte. Eines Tages hatte ich die ars amatoria von Publius Ovidius Naso in der Hand und da fiel mir ein: warum um alles in der Welt sind diese Gedichte heute nur noch der Fachwelt vorbehalten? Weil dieses gestelzte Philologendeutsch keine Sau lesen mag.
Also war nur noch die Frage: kann ich noch genug Latein, um eine eigene zeitgemäße Übersetzung wagen zu können und siehe da: et jing! So habe ich die ‘geilsten’ Verse übertragen und damit kein Fehler passiert, habe ich meinen Bruder Hugo (Altphilologe und ein Riesen-Crack bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften) um Korrektur und Überwachung gebeten. Dann habe ich die Verse Ovids in meiner Sprache ein paarmal vorgelesen und was war? Begeistert staunten viele Zuhörerinnen über die ‘zeitgemäßen’ Ratschläge Ovids (ich bitte Sie: 15 vor Christus hat er das geschrieben), z.B. über das Verbergen körperlicher Nachteile oder über Stellungen beim Liebesspiel oder über Eifersucht als Salz in der Suppe und so weiter.

Das was der eleganteste Dichter seiner Zeit damals als „Ratgeber“ zum Thema: wie bekomme ich die Schöne flach? geschrieben hat, ist dem, was wir heute fühlen, so nahe, daß es unverändert in MAX oder sonst einem Zeitgeistmagazin stehen könnte. Und natürlich ist das alles auch deshalb so aktuell, weil sich im reizvollen Liebesspiel zwischen Mann und Frau durch die Jahrtausende hindurch kaum was geändert hat. Ich bin sicher, daß auch die Neandertalerin schon überlegt hat, ob sie das Bärenfell nicht doch etwas kürzer tragen könnte, um den schönen Grunzer erobern zu können.

Konrad Beikircher - Foto © Frank Becker

Damit es auch eine schöne CD wird, habe ich meinen alten Freund Manfred Schoof, nach wie vor einen der führenden europäischen Jazzmusiker, gebeten, sein Flügelhorn zu nehmen und die einzelnen Abschnitte musikalisch zu kommentieren. Wie schön das alles zusammenpaßt, hören Sie selbst.

PS: und wenn keiner der Ovid’schen Tricks verfängt und sich die Schöne immer noch spröde zeigt, schenken Sie ihr doch diese CD - diesen Wink wird sie sicher verstehen. Und wenn nicht, hätte sich der Einsatz sowieso nicht gelohnt!"
 
Ovid „Liebeskunst“ – Neu gelesen von Konrad Beikircher
19 Stücke -
Gesamtzeit 56:44
Musik von Manfred Schoof
© 2011 Roof Music / tacheles!
ISBN-10: 3941168797  -  ISBN-13: 9783941168794
Weitere Informationen: www.roofmusic.de  -  www.beikircher.de/


Mehr von Ovid/Beikircher gelegentlich in den Musenblättern.