Olga Popovichs erster Fall

Christiane Gibiec – „Katzensprung“

von Jürgen Kasten
Olga Popovichs erster Fall
 
Olga Popovich befand sich in einem Alter, in dem es langsam Zeit wurde, an Kinder zu denken, bevor es zu spät würde. So jedenfalls lag ihr ihre Mutter Lenka des öfteren in den Ohren. Olga dachte nicht daran. Ihr Freund Max war ihre neueste Beziehung und die wollte sie erst einmal langsam angehen, stabiler gestalten. Doch gerade jetzt gestand Max, daß er vor ihr kurz mit einer anderen Frau zusammen war und nun sei er Vater von Zwillingen.
Bevor Olga sich groß aufregen konnte, klingelte ihr Handy und sie mußte raus zu einer weiblichen Wasserleiche, die in der Wupper trieb. Olga Popovich war nämlich gerade Kriminalhauptkommissarin geworden, Angehörige der Wuppertaler Mordkommission und ob ihres jungen Alters so manchem Kollegen ein Dorn im Auge.
 
Etliche Kriminalromane hat die Autorin Christiane Gibiec, die auch als Filmemacherin, Journalistin und Dozentin arbeitet, bereits erfolgreich veröffentlicht. Mit Olga Popovich läßt sie nun eine Ermittlerin mit serbischem Familienhintergrund die Bühne betreten. Und dieser Auftritt beeindruckt. Emotional, doch sachlich und zielstrebig, versucht Olga den Tod einer Frau aufzuklären, die Männer sammelte wie Briefmarken. Zu mindestens versuchte sie es. Nicht alle ließen sich so einfach wegstecken. Entsprechend groß ist der Kreis der Verdächtigen. In die engere Wahl geraten der charmante Kneipenwirt Emilio, der von seiner Frau Trudi die Hölle heiß gemacht bekommt und David Bowie. So jedenfalls schaut der junge Russe Igor aus, ein introvertierter Traceur, der mit Trudis und Emilios pubertierenden Tochter Luna eine zunächst undurchsichtige meditative Verbindung pflegt.
Alle Protagonisten wirken trotz ihrer Widersprüchlichkeiten und innerer Zerrissenheit überaus sympathisch. Christiane Gibiec beschreibt eine herzerfrischende Mutlikultigesellschaft, wie sie im Wuppertaler Stadtbild und auch innerhalb der Polizei selbstverständlich ist. Da wird kein Klischee bemüht, allerdings seitens Olga und ihrer türkischen Freundin Tülay so manche ironische Spitze gegen die eigenen Verwandten losgelassen.
 
Weit vor dem Romanende steht der Täter fest. Ob es ein Mord, Totschlag oder Unfall war, bleibt offen. Ein versöhnlicher Schluß. Das Hauptaugenmerk der Autorin lag auch mehr auf der Schilderung der gesellschaftlichen Hintergründe ihres Personals. Und damit ist es ist eine unterhaltsame, interessante Erzählung geworden, bei der die Kriminalgeschichte (gut recherchiert) fast zur Nebensache geriert.
Faszinierend sind auch die Einblicke in die Welt der Traceure, die Parcours laufen und als Olga versuchsweise mit ihrem Kickboxtrainer den schwierigen „Katzensprung“ übt, spürt man das Zucken der eigenen Muskeln fast körperlich. Christiane Gibiec beschreibt es als ein schwerelos wirkendes Tanzen. Schwerelos tanzen auch ihre Sätze durch die Zeilen, in angenehm zu lesendem Fluß.
Ein sehr gut unterhaltender innovativer Roman, der auf Fortsetzung angelegt ist. So jedenfalls versprach es Christiane Gibiec nach der öffentlichen Buchvorstellung, die etliche begeisterte Zuhörer in die Wuppertaler Börse lockte, unterstützt von Akkordeonklängen der Musikerin Ute Völker.
 
Christiane Gibiec – „Katzensprung“ - Der Bergische Krimi -
© 2012 Emons Verlag, Köln, Broschur, 160 Seiten, ISBN: 978-3-95451-011-5
€ 8,95 (D), € 9,25 (A)
 
Weitere Informationen: www.emons-verlag.de, www.cgibiec.de