Der Barbier von Sevilla
Sinnvolles Recycling
Florian Frannek musiziert dazu sorgsam, fast möchte man kammermusikalisch sagen, mit dem Sinfonieorchester Wuppertal einen durchsichtigen, luziden Rossini ganz im Sinne der Mozart-Tradition. Das Crescendo wird schon mal lauter, doch bleibt alles im fein austarierten Rahmen dieser Interpretation, die vom Gesangsensemble stets mitgetragen wird. Das ist schon eine Seltenheit in unserer lauter und lauter werdenden Welt und verdient beträchtliche Würdigung.
Wie geschrieben die Sänger bleiben als Ensemble dabei immer kompetent, wenn auch einzelne Leistungen durchaus der Kritik bedürfen. Da wäre an erster Stelle der Graf Almaviva von Christian Sturm, zwar gefällt der Sänger mit schönem Tenortimbre und sympathischer Bühnenerscheinung, doch kann ich mich erneut des Eindrucks nicht erwehren, daß der junge Tenor mehr mit seiner Naturstimme singt, als daß die technische Ausbildung wirklich geügend wäre, die Höhe gelingt mal, mal nicht, dann kommt es zu kleinen Kieksern. Das fällt natürlich besonders im artifiziellen Gesang des Belcanto auf, deswegen wird einiges oktaviert, auch die schnellen Koloraturen sind nicht die eigentliche Sache Sturms, dennoch wird die Stimme stets stilistisch im Feinen behalten. Elena Fink war bereits 2003 die Rosina und singt natürlich die Koloratursopranfassung, als gestandene Bühnenpersönlichkeit überzeugt sie szenisch wie musikalisch, wenn sie sich auch eine sehr eigene Version dieser Partie zurechtgerückt hat. Wunderbar als Rollenvertreter des Figaro ist Thomas Laske, der mit Geschmeidigkeit und leuchtender Höhe schon in seiner Auftrittsarie berechtigte Ovationen bekommt. Dariusz Machej erinnert mit herrlich fieser Fünfziger-Jahre-Brille optisch an den Kabarettisten Georg Kreisler, sein Bartolo erfreut mit treffsicherem Spießertum und geschwindem Baßbaritonparlando. Martin Js. Ohu liefert als Basilio erneut eine überzeugende Baßleistung ab, ein junger Sänger, der mit der richtigen Rollenauswahl sicher noch einen guten Weg vor sich hat. Joslyn Rechter ist mit indisponiertem Mezzo immer noch eine treffliche Berta und zieht in ihrer "Sorbetto"-Arie ordentlich vom Leder. Die kleinen Partien und der Chor agieren und musizieren auf Augenhöhe. Ein schöner Opernabend, der auch die Schulklasse in den Reihen hinter mir amüsierte und faszinierte. Großer Applaus für eine einfach gut abschnurrende Repertoireaufführung.
Wuppertaler Premiere am 20. 10. 12, besuchte Aufführung am 08.11.12
Text-Übernahme mit freundlicher Genehmigung von "Der Opernfreund" |