Wie man einen Liebesbrief schreibt

Ovids "Liebeskunst" - neu übersetzt

von Konrad Beikircher
Publius Ovidius Naso
Liebesbriefe
Buch I 437-486
 
Teste erst mal mit Papier
wie sicher Du sein kannst
schick einen Brief,
der weiß, was Du denkst,
Deinen Live-Auftritten voraus.
Schreib’ ihr was Hübsches
und tu so, als hätt’s Dich erwischt
und vergiß nicht
um dies oder jenes zu bitten,
denn: ist jemand wütend -
durch Bitten wird er wieder sanft.
Versprich auch das Blaue vom Himmel -
was schadet es schon, wenn Du’s tust.
Wer einmal hofft,
glaubt gerne auch länger daran!
Und ist’s auch Betrug - was soll’s:
er dient einem nützlichen Ziel!
Das ist auch besser als Schenken,
was oft schon der Anfang vom Ende:
weil so ein Geschenk kann sie gut
zum Weiterverschenken verwenden
und hat noch dabei obendrein
nicht wirklich was Eignes verloren
Und was Du nicht schenkst,
damit kannst Du winken.
Das funktioniert wie beim Spieler,
der immer wieder verliert
um nicht zu verlieren!
Denk nur an eins
und halt das im Auge:
Du willst sie im Bett?
Na schön, aber ohne Geschenke!
Denn ist sie erst drin
dann wird sie drin bleiben
damit’s nicht umsonst war!
Also: mache Dich fit
in Schreiben und Sprechen
denn darauf kommt’s an:
im Parlament, vor Gericht und auch bei den Frauen.
So kriegst Du sie rum.
Mach’s aber dezent.
Trag nicht vor Dir her
daß Du fit bist
und vermeid’ es vor allem geschwollen zu wirken.
Schreib wie Du sprichst
und glaub was Du schreibst.
Ein paar Komplimente,
grad so, daß sie denkt,
Du sprächest mit ihr.
Kommt er aber zurück, der Brief
mit dem Stempel ‘return to sender’
gib jetzt auf keinen Fall auf.
Steter Tropfen, is klar,
nur Geduld, Du wirst es schon schaffen.
Liest sie den Brief,
will aber nicht schreiben,
dann laß ihr en Spaß.
Wenn sie erst liest,
wird sie auch irgendwann schreiben.
So was läuft Zug um Zug
und braucht seine Weile.
Möglich, daß sie erst mal schreibt
sie würde sich fürchterlich ärgern.
Möglich, daß sie Dich bittet
sie doch in Frieden zu lassen.
Aber: worum sie Dich bittet,
davor hat sie Angst
und wünschen tut sie sich das,
worum sie nicht bittet:
daß Du nicht aufgibst.
Bleib also dran
und Du wirst bekommen
was Du Dir wünschst.
 
 
Ovids "Liebeskunst" - neu übersetzt von Konrad Beikircher